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"Man weiß, dass junge Türken gewisse Autos fahren. Die werden dann bevorzugt überprüft. Das Gleiche gilt auch für dunkelhäutige Menschen", erzählt ein Tiroler Polizist.

Foto: APA/Hochmuth

Innsbruck - Es war ein Vorfall in diesem Frühjahr, der für den Beamten den letzten Ausschlag gab, nun darüber zu sprechen, was er seit vielen Jahren in seinem Alltag als Polizist erlebt. Bei einer offiziellen Schulung in den Räumlichkeiten der Landesverkehrsabteilung (LVA) Tirol wurde darüber referiert, wie man mit Verkehrssündern umgeht.

Das Gesetz lässt Beamten einen gewissen Spielraum, bei kleineren Vergehen keine Strafe zu verhängen, sondern den Betroffenen bloß abzumahnen. "Außer bei den Türken, da gibt es keine Abmahnung", soll ein leitender Beamter, dessen Name dem STANDARD bekannt ist, dort gesagt haben.

Strafrechtlich zu verfolgen

Es seien zwischen 25 und 30 Polizisten anwesend gewesen, unter ihnen einer mit türkischen Wurzeln. Einige hätten gegrinst, erzählt der Tiroler Polizist, der selbst dabei war: "Sie alle können den Vorfall bezeugen."

Besonders brisant: Die Gruppe für sogenannte Ausgleichsmaßnahmen (AGM) ist in der Verkehrsabteilung angesiedelt. Die Beamten dort - wie auch der Polizist, von dem die Äußerung stammen soll - sind für Flüchtlinge zuständig.

Auf Anfrage um eine Stellungnahme des Tiroler Landespolizeidirektors Helmut Tomac wird dem STANDARD aus der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit ausgerichtet: "Das kann gar nicht sein, denn so etwas gibt es bei uns nicht." Deshalb wolle man sich dazu nicht äußern, das Innenministerium sei zuständig.

"Verstoß gegen Gesetze"

"So ein Vorfall wäre nicht bloß mehr als ärgerlich, sondern ein Verstoß gegen unsere Gesetze und strafrechtlich wie auch dienstrechtlich zu verfolgen", sagt Konrad Kogler, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit. Er möchte dem Fall nun nachgehen.

Bewahrheite sich der Vorwurf, müsse nicht nur ein individueller Akt angelegt, sondern auch überprüft werden, ob es strukturelle Probleme gibt, die ein solches Verhalten ermöglichen.

Hört man die Erzählungen des Tiroler Polizisten - der aus Sorge um seinen Job nicht namentlich genannt werden möchte -, wird Kogler fündig werden: "Witze über Türken und Afrikaner sind normaler Alltag. Wenn man nicht mitlacht, gilt das quasi schon als Protest, und man wird schnell zum Außenseiter", sagt er.

Der Beamte berichtet von strukturellem Rassismus und systematischer Andersbehandlung von Ausländern: "Man weiß, dass junge Türken gewisse Autos fahren. Die werden dann bevorzugt überprüft. Das Gleiche gilt auch für dunkelhäutige Menschen."

Nicht ernst genommen

Intern gegen solche Vorfälle vorzugehen sei schwierig. Leitende Beamte würden sich untereinander kennen, seien häufig befreundet. Ernst genommen würde man mit Beschwerden nicht.

Generaldirektor Kogler verweist auf drei Kanäle, die eingerichtet wurden, damit Polizisten Hinweise geben können: über das Projekt "Polizei macht Menschenrechte" und Ansprechpartner im Büro für Qualitäts- und Wissensmanagement sowie dem für Rechtsangelegenheiten. "Ist das hierarchische Gefälle zu groß, können Beamte ihr Anliegen dort auch anonym deponieren." Rassismusvorwürfe seien allerdings "enden wollend", sagt Kogler.

"Fehlende ethische Bildung"

Auch vonseiten der Volksanwaltschaft heißt es, dass man nur vereinzelt mit Aussagen von Polizisten konfrontiert sei, die von den Betroffenen als rassistisch empfunden wurden. Verallgemeinernd von einer "rassistischen Polizei" sprechen könne man aufgrund dessen nicht.

Was der Tiroler Beamte vor allem kritisiert, ist fehlende "ethische und moralische Bildung" für Polizisten. "Jeder wird mit den Weltanschauungen und Vorurteilen aufgenommen, die er eben hat." Es gebe zwar "ausgezeichnete Schulungen in Wien", die seien jedoch freiwillig und würden dadurch zumeist von den Beamten besucht, die ohnehin bereits eine weltoffene Haltung haben.

Er will jedoch auch betonen, dass es natürlich viele gute Polizisten gibt. "Nur sobald man den Mund aufmacht, bekommt man Ärger." (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 23.7.2014)