"Denn bei der Zwietracht entstehen Kämpfe aus Kämpfen. Die Beleidigung fordert Rache, und die Rache ist eine neue Beleidigung. Hier muss man also auf eine Rache zurückkommen, welche keine neue Rache erlaubt - und diese ist die Strafe des Staats."

So beschreibt Wilhelm von Humboldt 1792 das Gewaltmonopol des Staates. In den letzten Monaten beobachten wir, dass dieser Gewaltanspruch des Staates durch die Polizei, auch bei genehmigten Demonstrationen, exzessive Anwendung findet.

Dürftige Beweislage

Ein aktuelles und besonders anschauliches Beispiel stellt der Fall Josef S. dar: Ein halbes Jahr saß ein Mensch trotz äußerst dürftiger Beweislage in Untersuchungshaft. In einem konstruierten Prozess wurde er trotz aller Widersprüche in der Aussage des einzigen Belastungszeugen und trotz völligen Mangels an Tatsachenbeweisen zu zwölf Monaten, acht davon bedingt, verurteilt. Die Willkür, mit der Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte hier vorgehen, verdeutlicht, dass es jeden und jede von uns hätte treffen können.

Quer durch die Bank berichteten Journalist_innen über angebliche Gewaltexzessen auf Demos, die sie oftmals nicht besucht hatten. Die Schilderungen der Polizei von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" wurden veröffentlicht, ohne sie zu hinterfragen. Erst nach fast sechs Monaten kamen erste Zeitungen auf die Idee, auch das Vorgehen von Exekutive und Judikative kritisch zu betrachten.

Nachdem der in Österreich festgenommene Jenaer, der wegen Landfriedensbruch vor Gericht steht, in seiner Heimatstadt für sein zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet wurde, war es auch österreichischen Medien nicht mehr möglich, über diesen Fall nur einseitig zu berichten.

Wie über Repression berichtet werden soll

Es wird und muss weiter eine kritische Beobachtung von Repression und Staatsgewalt geben. Glücklicherweise erkennen immer mehr Menschen die Gefahr, die durch die Repression zum Vorschein kommt. Es ist an der Zeit, dass nicht mehr nur die Sensationsgier durch emotionalisierte Schlagzeilen im Boulevard bedient wird. Es braucht eine Diskussion und einen Diskurs wie wir als Zivilgesellschaft und wie objektive Medien mit Repression umgehen wollen.

Der meist reine Populismus der Berichterstattung von Protesten begünstigt Repression und Einschüchterung. Kriminalisierung von Protest führt zu gesellschaftlicher Entsolidarisierung. Politisches Engagement und kritische Stimmen werden so systematisch zum Schweigen gebracht. (Bernhard Lahner, Userkommentar, derStandard.at, 23.7.2014)