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Kein Kevin Spacey im österreichischen Netflix-Programm - zumindest nicht als Frank Underwood in "House of Cards".

Foto: Reuters/Anzuoni

Wohin man dieser Tage in sozialen Medien auch blickt – Jubel über den Netflix-Start in Österreich wird man wohl finden. Manche wollen aus Freude schon einmal den Fernseher entsorgen oder ihre GIS-Gebühr abmelden (die übrigens aufgrund der ORF-Radioprogramme auch auf Rechner mit Internetzugang und Smartphones zu bezahlen ist).

Netflix als Heilsbringer

Diese hohen Erwartungen setzen Netflix zusehends unter Druck: Anders als in den USA und bei den ersten Expansionswellen nach Kanada und Südamerika hat der Videostreamer keine Chance, sein Angebot langsam zu etablieren. Vielmehr richten sich die Scheinwerfer direkt auf Netflix, das vielerorts als Heilsbringer der Fernsehbranche – oder, im Silicon Valley-Sprech: disruptive - gefeiert wird. Schuld daran ist vor allem die eigenproduzierte Serie "House of Cards", das Politdrama sorgte für Furore und erste prestigeträchtige Awards für Netflix.

"House of Cards" als Musterbeispiel

An "House of Cards" wird das Problem des Services auch deutlich: In Deutschland, Österreich und der Schweiz hält Netflix keine Rechte an seiner eigenen Serie. Deren nicht geringe Produktionskosten verlangten einst nach internationalen Kooperationspartnern, die im Gegenzug naturgemäß Lizenzen erhielten. Damals waren Expansionspläne für Netflix wohl noch vage – und so erhielt im deutschsprachigen Raum der Pay-TV-Sender Sky die Rechte an "House of Cards".

Das "eine Ding" fehlt

Damit fehlt Netflix in Österreich wohl das eine Ding, mit dem man Netflix identifiziert. Denn "House of Cards" ist auch dank zugkräftiger Mitwirkender wie Kevin Spacey und David Fincher weit über die Bittorrent und Co kennende Community hinaus bekannt. Mit "Orange Is the New Black" hat Netflix zwar eine weitere Emmy-nominierte Serie im Ärmel, deren Bekanntheitsgrad hinkt hierzulande aber weit hinter "House of Cards" her.

"Better Call Saul" in Europa

Die komplizierte internationale Rechtslage hat aber auch Vorteile für Netflix: So kann der Videostreamer in Europa wiederum Serien der US-Konkurrenz anbieten. Beispielsweise "Fargo", das in den USA auf dem Pay-TV-Sender FX läuft. Auch das "Breaking Bad"-Spin-off "Better Call Saul" wird Netflix exklusiv nach Europa bringen.

Sky: Brandaktuelle Filme - und deutlich teurer

In puncto Filme ist die Lage noch nicht ganz klar: Teilweise gibt es Filme und Serien, die wie bei anderen, klassischen Pay-TV-Sendern brandaktuell sind. Der Großteil des Angebots setzt sich aber aus älteren Inhalten zusammen. Aus ökonomischer Sicht logisch: Netflix kostet maximal zehn Euro monatlich, Exklusivrechte sind aber teuer. Konkurrent Sky, der seine Strategie auf aktuelle Blockbuster ausrichtet, verlangt allein für das Filmpaket schon 25 Euro. Auf Sportereignisse und Shows will Netflix komplett verzichten.

Fernseher und Bittorrent werden bleiben

Alles deutet also darauf hin, dass österreichische Film- und Fernsehfreunde auch 2015 noch ihr TV-Gerät benutzen, DVDs oder Blu-Rays kaufen sowie ab und zu Bittorrent bemühen werden. Ob sie dann zusätzlich Netflix-Kunden sind, wird wohl auch von ihrer Erwartungshaltung abhängen. Wer im September ein Abo abschließt und sich dann eine unendliche Auswahl samt aktueller Kinofilme vorstellt, wird sich bitter enttäuscht abwenden. Und das macht die Netflix-Manager in Los Gatos nervös. (fsc, derStandard.at, 23.7.2014)