Im italienischen Parlament stoßen Matteo Renzis Reformpläne auf wachsenden Widerstand. Im Senat kam es am Donnerstagabend zu chaotischen Szenen, als die Regierung eine Beschränkung der Redezeiten ankündigte, um die Reform des Senats bis 8. August verabschieden zu können.
Mehrere Dutzend Senatoren der Lega Nord, der Fünf-Sterne-Bewegung und der kleinen Linkspartei SEL inszenierten einen Protestmarsch zum Quirinalspalast und forderten eine Begegnung mit Staatspräsident Giorgio Napolitano, die ihnen jedoch verweigert wurde. Im Sitzungssaal kam es zu Schreiduellen, Beschimpfungen und theatralischen Szenen, in deren Verlauf aufgebrachte Senatoren die Verfassung zerrissen.
Die Gegner wollen die Umwandlung des Senats in eine Regionenkammer mit einer Flut von fast 8000 Abänderungsanträgen stoppen. 6200 stammen von der in Auflösung begriffenen SEL. Mehrere Redner warfen Renzi diktatorisches Verhalten vor, und der Fünf-Sterne-Gründer Beppe Grillo proklamierte einmal mehr den "Tod der Demokratie". Renzi zeigte sich davon unbeeindruckt: "Wenn die ewigen Neinsager glauben, sie könnten uns von unserem Reformkurs abbringen, haben sie sich getäuscht. Wir lassen uns nicht irritieren", so der Premier im Fernsehen.
Doch die Turbulenzen im Senat beweisen erneut, dass einschneidende Reformprojekte im italienischen Parlament nur geringe Chancen haben. Die Abschaffung des Senats in seiner derzeitigen Form kann bei der erforderlichen zweimaligen Lesung in beiden Kammern bestenfalls im Frühjahr 2015 genehmigt werden. Dann soll in einem Referendum darüber entscheiden werden.
Unterdessen bereitet die Opposition bereits die nächste Schlacht vor: Gegen das vom Verfall bedrohte Dekret zur Reform der öffentlichen Verwaltung, das bis 23. August genehmigt werden muss, haben Renzis Gegner im Parlament vorsorglich 1700 Abänderungsanträge eingebracht. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 26.7.2014)