Zivildiener Radek Simecka macht Wurstsalat mit seinen Helfern.

Foto: Christian Fischer

Zivildiener Christoph Smolle zeigt, wie man Steine graviert.

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Wien - Vor der Tür liegen Laufräder, ein Kind saust auf einem Bobbycar durch die Gänge. Radek Simecka sitzt in der Küche und zerstückelt Gemüse. Einige Kinder helfen mit, einen Wurstsalat zuzubereiten. Entspannte Atmosphäre an einem Sommervormittag im Kindergarten der Wiener Kinderfreunde in der Doningasse in Wien-Donaustadt.

Simecka ist 21 Jahre alt und leistet gerade den Zivildienst ab. "Ich wollte nicht zum Bundesheer, weil sie mich dort wohl in die Küche gesteckt hätten", erzählt der gelernte Koch. Er habe sich "diverse Angebote angesehen und dann für den Kindergarten entschieden". Die Arbeit hier gefällt ihm. Zum Einsatz kommt er, wo Bedarf besteht - "in der Küche, beim Putzen oder beim Spielen mit den Kindern". Derzeit arbeiten drei Zivildiener hier - im Sommer werden Kindergärten und Personal zusammengelegt.

"Nicht klischeemäßig zur Rettung"

Das restliche Jahr über hilft in diesem Haus nur Zivildiener Christoph Smolle den 21 Pädagoginnen und Helferinnen; 180 Kinder im Kindergarten und im angeschlossenen Hort wollen gut betreut werden. "Ich wollte einmal etwas ganz anderes ausprobieren", sagt Smolle, der eine HTL für Informationstechnologie abgeschlossen hat, "und nicht klischeemäßig zur Rettung." Mit den älteren Kindern spielt er Schach oder DKT. Davor sammelt er sie bei zwei Schulen ein und kutschiert sie in den Hort. Der 23-Jährige will schon einiges "fürs Leben gelernt haben: Vor allem, dass es verschiedene Typen von Kindern gibt - sehr angenehm bis sehr anstrengend".

Anstrengend findet es auch Michael Birgfellner hin und wieder im Kindergarten - aber: "Das gehört zum Beruf." Der 20-jährige Wiener hat die Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik absolviert und arbeitet als Elementarpädagoge im Kindergarten Maria Salesia der St.-Nikolaus-Stiftung im 15. Bezirk. Er ist einer der wenigen ausgebildeten Kindergärtner in Österreich - auf 100 Frauen kommt in diesem Beruf gerade einmal ein Mann. Birgfellner wusste schon früh, dass er beruflich mit Kindern arbeiten möchte, und verfolgte diesen Wunsch konsequent. Grundsätzlich gefällt ihm die Idee, Zivildiener im Kindergarten einzusetzen. "Sie lernen hier viel, das sie später in der Erziehung ihrer eigenen Kinder brauchen können." Und die Kinder erleben den helfenden und fürsorglichen Mann als etwas Alltägliches.

Nicht allein in der Gruppe

Zivildiener Simecka glaubt, dass "eine männliche Ansprechperson für die Kinder wichtig ist. Wir gehen mit Problemen anders um, gehen auf Kinder anders zu." Auch wenn er nur eingeschränkt mitarbeitet. "Zivildiener dürfen nicht alleine in einer Gruppe sein, dürfen keine Erziehungsmaßnahmen setzen, und wickeln lassen wir sie auch nicht", sagt Kindergartenleiterin Karin Janeczek. "Dazu fehlt ihnen die Ausbildung." Wurstsalat machen ist erlaubt.

Kindergartenpädagogik ist freilich mehr, als die Jause zuzubereiten. "Es sollte schon einen Unterschied zwischen Zivildienern und Pädagogen geben", sagt Kindergärtner Birgfellner. "Was die Zivis machen, sollte geführt sein. Sie müssen verstehen, warum man was zu welchem Zeitpunkt macht. Warum spielen wir heute dieses Spiel? Warum besprechen wir heute gerade dieses Thema?" Dafür brauche es Theorie, Praxis reiche nicht. Den Zivildienern sollte ein Profi über die Schulter schauen, sagt der Pädagoge. Ihr Einsatz dürfte die Personalknappheit im Kindergarten also kaum lösen.

"Viele sagen: Das ist ein Frauenjob"

Die Zivildiener Smolle und Simecka wollen aber ohnehin nicht Kindergärtner werden, sondern in ihren erlernten Berufen Fuß fassen. "Viele sagen: Das ist ein Frauenjob. Dabei stimmt das nicht. Auch für einen Mann ist es interessant, fordernd und lustig", meint Smolle. Kindergartenleiterin Janeczek ist sich sicher: Wenn der Kindergarten stärker als erste Bildungseinrichtung wahrgenommen wird und mehr Wertschätzung erfährt, dann bringt das auch mehr Männer in den Beruf. (Lisa Mayr, Peter Mayr, DER STANDARD, 26.7.2014)