Deutschland schlug in der Ukraine-Krise innerhalb der EU bisher einen ziemlich gemäßigten Ton an. Das hat mit wirtschaftlichen Erwägungen, aber wohl auch mit der langen Geschichte einer Beziehung zu tun, in der gegenseitiges Verständnis bis hin zur Sympathie viel Platz hatte.

Jetzt aber scheint ein Wendepunkt erreicht. Berlin tritt klar für schärfere Wirtschaftssanktionen gegen Moskau ein, auch wenn diese auf das eigene Land zurückschlagen könnten. Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Deutschen diesen Kurs.

Das Verhalten Russlands nach dem Absturz der malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine lasse keine andere Wahl, sagt der für seine überlegte Wortwahl bekannte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Und Finanzminister Wolfgang Schäuble bringt den ökonomischen Aspekt auf den Punkt, wenn er warnt, dass eine weitere geopolitische Destabilisierung die größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung wäre.

In Russland, das am Rande einer Rezession steht, zeigen Ukraine-Krise und bisherige Sanktionen schon Wirkung. Einer der Haupttrümpfe Wladimir Putins im Volk war bisher, abseits von nationalistisch-imperialistischer Rhetorik, dass es den Menschen in seiner Regentschaft von Jahr zu Jahr besser ging. Schlägt die Krise erst einmal in den Alltag durch, könnte die Stimmung schnell kippen. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 28.7.2014)