Das ATV "Georges Lemaître" wenige Momente vor dem Andocken.

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In Boxen wie dieser wurde die Ladung stoßsicher verpackt und im Frachtmodul (siehe Hintergrund) der "Georges Lemaître" verstaut.

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Bremen - Kiloweise Kaffee für die Astronauten im All und etwas Wehmut auf der Erde: Der letzte europäische Raumtransporter "Georges Lemaitre" hat am Dienstag an der Internationalen Raumstation ISS festgemacht. Er ist mit fast sieben Tonnen Ausrüstung, Lebensmittel, Treibstoff, Wasser und Atemluft beladen.

Das Versorgungsschiff wird in etwa sechs Monaten zur Erde zurückkehren und beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen. Damit endet eine Ära in der europäischen Raumfahrt: Die europäische Weltraumorganisation ESA stellt das drei Milliarden Euro teure ATV-Programm nach fünf Starts ein.

Der nach dem belgischen Begründer der Urknalltheorie benannte Raumfrachter war Ende Juli vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana mit einer Ariane-Rakete abgehoben. "Das Festmachen ist der schwierigste Teil der Mission. Es ist jedes Mal spannend", sagte der stellvertretende Programmleiter Thomas Teichwart von Airbus Defence and Space.

Zahlreiche Mitarbeiter verfolgten das Manöver auf einer großen Leinwand im Bremer Werk, wo alle fünf Raumtransporter gebaut wurden. Zentimeterweise näherte sich "Georges Lemaitre" der fußballfeldgroßen ISS, um bei einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde einen nur 15 Zentimeter großen Andockpunkt zu treffen. Gegen 15.30 Uhr MESZ machte er schließlich fest.

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Wie alle Frachter des ATV-Typs ist auch dieser nach einem Wissenschafter benannt, der Grundlegendes für die Physik geleistet hat - in diesem Fall nach dem belgischen Theologen und Astrophysiker Georges Lemaître, der noch vor Edwin Hubble eine Theorie zur Expansion des Universums vorlegte.

Die Ladung: Unter anderem 40 Kilogramm Kaffee

Die sechs Besatzungsmitglieder der ISS sollen die Fracht in den nächsten Tagen entladen. "Diesmal war sehr viel Kaffee dabei", sagte Rachid Amekrane, der bei Airbus fürs Beladen verantwortlich ist. "Fast 40 Kilo." Aus den Frachtlisten kann er jedes Mal die persönlichen Vorlieben der Astronauten rauslesen: Die Amerikaner bestellen gerne Tortillas, die Italiener Spaghetti. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst kann sich über Käsespätzle und neue Sportkleidung freuen. An Bord ist auch ein Schmelzofen für die Materialforschung, den Gerst auf der ISS einbauen und testen soll.

Etwas wehmütig sind Teichwart und Amekrane schon, dass die ATV-Ära nach sechs Jahren wieder vorbei ist. Trotzdem freuen sie sich auf ihre neue Aufgabe: Auf Basis der ATV-Technik sollen sie ein Servicemodul für das "Orion"-Raumschiff der US-amerikanischen NASA entwickeln. "Das erste Ziel ist der Mond. Jeder in meiner Generation träumt natürlich davon", sagte Teichwart. Als Bub hat er die erste Mondlandung erlebt und wollte seither in die Raumfahrt. In der nächsten Woche sollen die Vorbereitungen für das Servicemodul in Bremen beginnen. Mitte bis Ende 2015 wollen Teichwart und seine Kollegen es zusammenbauen.

Unglamouröses Ende

Zum ersten Mal war mit der "Jules Verne" ein ATV-Frachter am 9. März 2008 ins All gestartet. Ursprünglich war geplant, eine weitaus größere Zahl an europäischen Transportern zur ISS zu schicken, doch dazu wird es nicht mehr kommen. Grund für die Einstellung des ATV-Programmes sind vor allem die knappen Kassen in den Mitgliedsländern der ESA. Künftig wird die ISS vor allem von russischen und privaten US-amerikanischen Transportern versorgt. (red/APA, derStandard.at, 12. 8. 2014)