Sägeraue Lärche, dänische Stühle, französische Luster - auch so kann ein Waldviertler Gasthaus aussehen.

Gerhard Wasserbauer

Die Küche hat ziemlich etwas drauf, z.B. Rindsgulasch - vom Waldviertler Blondvieh aus Weidehaltung! - samt Debreziner und saurem Gurkerl.

Gerhard Wasserbauer

Es soll Leute geben, denen die Vermarktungsstrategie des Gewürz- und Teeunternehmens Sonnentor mit all seinen "Bio-Bengelchen", "Schutzengel" -Gewürzzubereitungen und sonstigem "Schlaukakao"-Zinnober ein Alzerl auf den Zager geht - angesichts des immer globaleren Erfolgs der Bio-Marke dürfte das die Leute um Gründer und Firmenchef Johannes Gutmann aber bestenfalls ein zenmäßiges Lächeln kosten.

Und die Sprögnitzer dürfen sich überhaupt nur freuen. Schließlich hat Gutmann das Waldviertler Dorf zur Zentrale seines Unternehmens gemacht und neben hunderten Arbeitsplätzen, Dorferneuerung und allerhand Sozial-Goodies auch dafür gesorgt, dass sich das Waldviertel einmal als Pionierstandort für eine Zukunftsbranche fühlen darf.

Ziemlich lässig

Jetzt ist auch noch ein Wirtshaus dazugekommen, nachdem es in Sprögnitz, wie in allzu vielen niederösterreichischen Orten, seit Jahren keines mehr gab. Dass es sich auch dafür anbietet, die eigenen Produkte in ihrer praktischen Anwendung zu präsentieren, könnte natürlich mitgespielt haben.

Jedenfalls ist das Leibspeis ein schönes Beispiel dafür geworden, wie ein Landwirtshaus dieser Tage auch aussehen kann - also ohne Kunstholz-Vollverkleidung, Eckbankerl mit pflegeleichter Bunttextilbespannung und Rustikalbeleuchtung aus dem Gastro-Ausstatter-Katalog.

Sondern als luftig schlichter Bau mit einer Verschalung aus weiß gestrichenen, sägerauen Lärchenlatten, mit ebenso formschönen wie farbenfrohen Holzsesseln der dänischen Designmöbler Hay, mit hübschen Zementfliesen im Schankbereich und drei imposanten, auf sympathische Weise fast selbstgebastelt wirkenden Stofflustern einer französischen Designmanufaktur: Ziemlich lässig wirkt das und ganz und gar nicht ökokitschmäßig verhunzt, wie man sich das bei einer Kräuterteefirma durchaus auch hätte ausmalen können.

Waldviertler Blondvieh

Beim Essen kommen so gut wie ausschließlich lokale Erzeugnisse auf den Teller, eine unrühmliche Ausnahme bildet das Fleischsubstitut Seitan, das etwa als Jungzwiebelrostbraten auf die Karte darf. Derlei Ersatzküche für rückfallgefährdete Vegetarier ist nicht nur der Bewegung als Ganzes nicht würdig, sie vermittelt auch den absurden Eindruck, dass Freunde der fleischlosen Küche auf etwas verzichten müssten und nur mittels Ersatzstoffs eine vollwertige Mahlzeit auf den Teller kriegen. Bitte derlei provinziellen Unsinn abzustellen!

Vor allem, weil die Küche ziemlich was draufhat: eine mustergültige Rindsuppe mit kompaktem, aber majoranduftig abgeschmecktem Leberknödel etwa, oder Rindsgulasch - vom Waldviertler Blondvieh aus Weidehaltung! - samt Debreziner und saurem Gurkerl. Schlicht großartig ist das fantastisch saftige, mürbe Fleisch mit dichtem, tiefwürzigem Saft. Besser geht es kaum.

Karpfen wird mustergültig knusprig und doch saftig gebraten, dazu gibt es allerhand knackiges Gemüse, das aber aus unerfindlichen Gründen in einer völlig ungewürzten Béchamel ertränkt wird - dabei sollten Gewürze gerade hier nicht das Problem sein. Ein Hinweis auf den entzückenden Spielplatz im Garten muss auch noch sein, der erhöht das Wohlbefinden aller Gäste nämlich entscheidend. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 1.8.2014)