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Rund 1400 Menschen befanden sich am Dienstag im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, auch Thalham war voll. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge soll in andere Quartiere gebracht werden.

Foto: APA/Hans Klaus Techt

Traiskirchen/Wien - Ein gewerbebehördlicher Bescheid ist das Mittel, zu dem der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) am Dienstag griff, um das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen für Neuaufnahmen zu sperren. Zusätzlich soll dort die Belegzahl sinken. Der Bescheid ergehe von der Bezirkshauptmannschaft Baden an die ORS Service GmbH, die in dem Erstaufnahmezentrum die Asylwerber betreut, sagte Pröll dem Standard. Vor zwei Jahren hatte man eine Teilsperre aus feuerpolizeilichen Gründen durchgesetzt, die der Unabhängige Verwaltungssenat später wieder aufhob.

Im Innenministerium richtete man sich am Dienstag darauf ein, dass mit Mittwoch keine neuen Flüchtlinge in dem Lager im Bezirk Baden aufgenommen werden können. "Es wird aber auch niemand abgewiesen", versicherte ein Sprecher. Ein Plan dafür, was konkret mit Betroffenen geschehe, soll am Mittwoch vorliegen. Man sei auch in intensiven Gesprächen mit NGOs. Caritas-Präsident Michael Landau reagierte allerdings abweisend: "Wir werden für ein solches politisches Sommertheater nicht zur Verfügung stehen."

Auch Erstaufnahmestelle Thalham ist voll

Rund 1400 Personen hielten sich am Dienstag im Lager Traiskirchen auf - 480 sollten es maximal sein. Das zweite Erstaufnahmezentrum Österreichs, Thalham in Oberösterreich, ist laut Ministerium mit 187 Personen ebenso voll. Mehr als die Hälfte der Menschen dort sei aber bereits im Asylverfahren und könnte auf andere Quartiere verteilt werden. In Traiskirchen liege die Zahl derer, die in einem Verfahren seien, bei rund 800 Menschen.

Der Juli sei ein besonders antragsstarker Monat gewesen, bis zu 100 Personen am Tag hätten in Österreich - vorrangig in Traiskirchen - um Asyl angesucht, hieß es aus dem Innenministerium.

Pröll begründete den Aufnahmestopp mit "menschlichen" und "sicherheitstechnischen" Beweggründen. Die Überbelegung sei für die teils traumatisierten Flüchtlinge - rund 40 Prozent seien aus Syrien - eine Zumutung und für die Bevölkerung von Traiskirchen eine Belastung. Aus sicherheitstechnischer Sicht könne weder er noch die Behörde oder Bürgermeister Andreas Babler (SP) die Verantwortung tragen, wenn im Lager etwas passiere. Pröll hatte schon Ende Juni mit einem Aufnahmestopp gedroht.

Mikl-Leitner versteht Pröll

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte "Verständnis" für Prölls Vorgehen und machte erneut Druck auf Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ), leerstehende Kasernen zur Verfügung zu stellen (siehe Artikel rechts). Klug blieb am Dienstag dabei, dass er "nichts zu verschenken habe", wie er im Ö1-Mittagsjournal ausführte. Er könne leerstehende Kasernen nur verkaufen.

Pröll mahnte ein, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) müsse als Regierungskoordinator eingreifen. Der Kanzler sagte Mikl-Leitner via Ö1 seine Unterstützung zu, Druck auf die Länder zu machen. Von diesen erfüllten am Dienstag lediglich Wien und Niederösterreich die Asylwerberquote zu über 100 Prozent; das Burgenland beinahe (zu 99 Prozent).

Oberösterreich muss viel aufholen

Den meisten Aufholbedarf zeigt Oberösterreich mit 84 Prozent der vereinbarten 4144 Asylwerber im Land. Dort sagte man die Schaffung neuer Plätze zu. Tirol und Salzburg wiesen 85 Prozent der Quote auf, Vorarlberg 86 Prozent. Dort zeigte man sich gesprächsbereit oder sagte Plätze zu - aus der Steiermark (87 Prozent) kam via ORF-Radio eine Absage. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SP) appellierte als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz an die Länder, die Quoten "zumindest zu 88 Prozent" so rasch wie möglich zu erfüllen. Kärnten selbst lag bei 88,3 Prozent. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 30.7.2014)