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Es mangelt seit Jahren an geeigneten Unterkünften für Menschen, die auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten. Die Politik knausert mit Geld.

Foto: apa/techt

Es sind keine Massen an Asylsuchenden, die untergebracht werden müssen, auch wenn die aktuelle Debatte das vermitteln mag. Die Zahl der Asylanträge war schon einmal höher. Dennoch schlägt die Innenministerin Alarm wegen der Untererfüllung der Quoten - doch dieses Problem ist so alt wie die Quotenregelung selbst.

"Merkwürdige Debatte"

"Wir wissen das seit Jahren“, sagt Peter Hacker vom Fonds Soziales Wien, der sich über die aktuelle "merkwürdige“ Debatte nur wundern kann. Jahrelang sei das Innenministerium gewarnt worden, dass die Kapazitäten nicht reichen würden - auch eine gewisse niederösterreichische Landesrätin namens Johanna Mikl-Leitner habe sich damals diesen Warnungen angeschlossen. Allein, das Innenministerium habe nicht darauf reagiert - und wegen jahrelang niedriger Asylantragszahlen sei der Druck zudem gering gewesen. Angesichts der Syrien-Krise steigen die Antragszahlen wieder an. "Es war abzusehen, dass das kommt", sagt Hacker zu derStandard.at.

Doch was müsste passieren, damit die Bundesländer ihre Quoten erfüllen? Einerseits müssten Unterkunftgeber, also Betreiber von Pensionen oder Gasthöfen auf dem Land, auch entsprechend entschädigt werden: In den vergangenen zehn Jahren sind die Tagsätze nur einmal angepasst worden - von 17 auf 19 Euro. Zimmer, Vollpension, Hygieneartikel, Spielmaterial für Kinder, Transport - alles muss mit diesem Betrag finanziert werden. Mindestens 23 Euro wären notwendig, um ein Quartier kostendeckend zu führen, sagen NGOs. Eine automatische Inflationsanpassung gibt es nicht.

Lieber die teurere Lösung

Andererseits verschweigen mehrere Bundesländer einen Teil der Wahrheit, wenn sie sich über die schwierige Suche nach Quartieren beklagen: Denn es steht den Ländern frei, ihre Quoten auch ohne organisierte Unterkünfte zu erfüllen - und zwar über Selbstunterkünfte von Asylsuchenden. In dieser Variante erhalten Asylwerber einen Mietzuschuss und können sich damit selbst einen Platz in einer Wohngemeinschaft suchen - für eine eigene Wohnung reicht das bescheidene Taschengeld von 320 Euro, das auch für Lebensmittel, Bekleidung und sonstige Aufwände herhalten muss, nicht aus.

Wien geht seit Jahren diesen Weg - und ist das einzige Bundesland, das die Quote deutlich übererfüllt. Nicht nur das: Wegen der sparsamen Übererfüllung der Ziele wird Wien sogar vom Rechnungshof ausdrücklich gelobt.

Anders in anderen Bundesländern: Obwohl es die billigere Lösung wäre, lassen sie Selbstunterkünfte nicht zu. Warum das so ist, darüber spekulieren Insider nur hinter vorgehaltener Hand: Von "Verbindlichkeiten" ist die Rede, man wolle sich Beziehungen zu langjährigen Quartiergebern nicht verderben.

Manche Länder halten auch deshalb an organisierten Unterkünften fest, um besser kontrollieren zu können, wie viele Flüchtlinge sich wo niederlassen. Oder anders gesagt: Um zu verhindern, dass Bürgermeister der eigenen Partei womöglich mit einem Zuzug von Asylsuchenden "überfordert" wären, lässt man die Asylwerber erst gar nicht selbst wählen, wo sie wohnen.

Dabei zeigt ein Blick auf die Zahlen, dass das Problem ein äußerst überschaubares ist: Auf rund 350 Einwohner kommt in Österreich ein Asylwerber in Grundversorgung. "Mir kann niemand erzählen, dass man das nicht hinbekommt", so Hacker.

Sonderfall Niederösterreich

Tatsache ist, dass Niederösterreich die Quote nur deshalb erfüllt, weil sich das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen zufällig im Gebiet des einwohnerstärksten Bundeslands befindet. Sollten die Belegzahlen in Traiskirchen sinken, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder stellt das Land neue Quartiere zur Verfügung und lässt es zu, dass sich Asylsuchende auf eigene Faust in den Ballungszentren niederlassen. Oder aber es bleibt bei den bestehenden Kapazitäten - dann wird eine Entlastung Traiskirchens dazu führen, dass sich auch Niederösterreich in die Riege säumiger Bundesländer einreiht.

NGOs warnen seit Jahren, dass angesichts der Quotendebatten eine Diskussion über die Qualität der Unterkünfte zu kurz kommt. "Wir wollen keine Quartiere, wo Menschen nur verwahrt werden", sagt Anny Knapp von der Asylkoordination. Vor allem neu angekommene Flüchtlinge benötigten Ansprechpersonen vor Ort, die Informationen bieten und helfen, Konflikte im Zusammenleben frühzeitig zu bewältigen. Im Herbst soll zwar ein Katalog an Qualitätskriterien für Unterkünfte beschlossen werden, doch auch der scheint wenig ambitioniert zu sein: Die Mindestanforderungen liegen hier etwa bei acht Quadratmetern Platz pro Person oder durchgängiger Versorgung mit Warmwasser.

Mindestens ebenso wichtig wäre laut Asylkoordination, dass man selbstorganisierten Asylsuchenden ermöglicht, sich finanziell über Wasser zu halten: einerseits durch eine Anpassung des Mietzuschusses, andererseits durch eine Öffnung des Arbeitsmarktes. Ließe man Asylwerber selbst für ihren Unterhalt aufkommen, so Anny Knapp, "dann würde das auch das Grundversorgungssystem entlasten". (Maria Sterkl, derStandard.at, 30.7.2014)