Berichterstatter, die sich dem Geist der Wahrheit und der Aufklärung verpflichtet fühlen, neigen dazu, einen ehernen Grundsatz zu postulieren: Es gibt keine einfachen Lösungen. Das mag in vielen Fällen stimmen, doch was die Bemühungen um qualitätsvollen Journalismus selbst betrifft, ist diese These zumindest in Österreich widerlegbar.

Konkret anhand des Problems der staatlichen Presseförderung. Diese wurde in den letzten zwanzig Jahren von 22 Millionen auf 10,8 Millionen Euro halbiert, ein Umstand, der den von der Digitalisierung schwer gebeutelten Printmedien noch weniger Luft zum Atmen lässt. Deshalb fordert der Verband österreichischer Zeitungsherausgeber eine Anhebung der Presseförderung auf 50 Millionen Euro.

Und jetzt die gute Nachricht: Das geht sich locker aus. Geld dafür ist nämlich in Hülle und Fülle vorhanden. Im einjährigen Beobachtungszeitraum haben hierzulande öffentliche Stellen zuletzt satte 203 Millionen Euro für Inserate ausgegeben. Hauptnutznießer waren die Boulevardmedien, insbesondere die für ihr gerechtes Preis-Leistungs-Verhältnis bekannten Produkte Heute und Österreich. Ein Viertel der 203 Millionen würde reichen, um in Kombination mit einer gesetzlich definierten Qualitätsförderung die heimische Medienlandschaft nachhaltig zu befruchten.

Dass diese simple Maßnahme nicht schon längst verwirklicht wurde, liegt daran, dass viele unserer Politiker lieber auf verdeckte Presseförderung setzten, um sich die Gunst bestimmter Herausgeber zu sichern. Ein Resultat dieser Demutsgeste sind umfangreiche Beilagen zu den Themen "Wohnbau", "Schule in Wien" oder "Innovative Wirtschaft", die Wochenende für Wochenende ungelesen in den Altpapiercontainern der Republik verschwinden.

Eine gigantische Verschwendung also, deren einziger Zweck auch weitaus umweltfreundlicher zu erreichen wäre. Wie das gehen könnte, zeigte uns in der Vorwoche die Zeitung Österreich. "Geheimplan: Song-Contest in Neu-Marx" ließ sie die Leser ihrer Wien-Ausgabe wissen, während am gleichen Tag die Tirol-Ausgabe mit "Song-Contest: Innsbruck ist Favorit" überraschte und in der Steiermark-Ausgabe die Überschrift "Song-Contest: Graz ist heißer ORF-Favorit" zu bestaunen war.

Wenn es möglich ist, für jedes Bundesland eine eigene Wirklichkeit zu kreieren, sollte das erst recht für einzelne Politiker machbar sein. Anstelle der sündteuren und aufwändigen Inseratenfriedhofs-Beilagen bietet man ihnen einfach individuell gestaltete Politik-Seiten an, die in speziell modifizierten Regionalausgaben variieren können. So könnte es beispielsweise eine Wien-Liesing-Version geben ("Merkel und Obama so einig wie noch nie: Werner Faymann hat die Themenführerschaft bei sozialer Gerechtigkeit"), eine für St. Pölten ("Offizielle Bestätigung durch Wahlgang unnötig, unser Erwin ist jetzt schon Bundespräsident der Herzen") oder auch eine Ibiza/Moskau-Variante ("Putin stellt klar: Wer nächsten Winter heizen will, sollte besser Strache wählen").

Bliebe nur noch zu wünschen, dass so ein Angebot die auf diese Art gewürdigten Politiker dazu bewegt, ihre Ablasszahlungen an den Boulevard künftig aus der eigenen Tasche finanzieren. (Florian Scheuba, DER STANDARD, 31.7.2014)