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Alles fließt, in Krisenbanken auch fremdes Geld. Der ÖVAG droht nach dem Stresstest im Herbst das nächste Kapitalloch.
Wien - Ihren Vermögenscheck (Asset Quality Review, AQR) haben die großen europäischen Banken bereits hinter sich, in Bälde folgt, darauf basierend, der Stresstest. Dessen Ergebnisse wird die Europäische Zentralbank (EZB) zwar erst gegen Ende Oktober veröffentlichen - seinen langen Schatten wirft der Test aber schon voraus.
In Österreich gilt bei dieser Prüfung der Volksbankensektor als Wackelkandidat; also das teilstaatliche Spitzeninstitut Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) und die "kleinen" Volksbanken, denen die ÖVAG zu knapp 52 Prozent gehört. Es besteht die Befürchtung, dass die Bank - im strengen Stress-Szenario - unter die für dieses Szenario vorgegebene Mindestkapitalquote von 5,5 Prozent fällt.
Bankenaufseher
Die Bankenaufseher der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) rechnen anhand des ihr vorliegenden Zahlenmaterials seit Wochen - und sie haben auch schon ihre ersten Zahlen auf dem Tisch. Sie gehen demnach davon aus, dass der ÖVAG im strengen Stress-Szenario zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro an Eigenkapital fehlen werden. Das hat der Standard aus Aufsichtskreisen erfahren.
500 Millionen Euro werden es "ganz sicher" sein, wie es heißt - bei strenger Auslegung der Zahlen durch die EZB bzw. European Banking Authority (EBA) könnte sich der Eigenkapitalbedarf der Bank aber bis aufs Doppelte erhöhen. In der OeNB ist für diese Berechnungen keine Bestätigung zu bekommen. Ein Sprecher verweist nur darauf, dass "die Bilanzchecks noch nicht abgeschlossen sind".
Dabei glaubt man in Bank und Aufsicht übereinstimmend, dass die ÖVAG die erste Hürde - die Vermögensbewertung AQR samt acht Prozent harter Kernkapitalquote - "ganz gut" genommen hat.
Hoffen auf Nachsicht
Allerdings gibt es diesbezüglich noch heftige Diskussionen mit den europäischen Aufsehern. Denn: Die legen bei Dokumentation und Vergaberichtlinien von Krediten härtere Maßstäbe an als die Volksbanken. Streng genommen könnten aus solchen formellen Gründen Kredite als notleidend eingestuft werden, die das materiell nicht sind. In diesen Fällen hat die EZB Ermessensspielräume, weswegen die Notenbanker dabei sind, ihre europäischen Kollegen weichzustreicheln.
Beim Stresstest, bei dem es ein mildes Base-Line- und das harte Szenario gibt, wird es aber eben haarig. Der Test wird auf Basis der 2013er-Zahlen gerechnet, die ÖVAG hat aber seither rund 1,5 Milliarden Euro an Assets abgebaut und ihr Eigenkapital somit entlastet. Diese nicht mehr vorhandenen Assets wie etwa faule Kredite in Rumänien (500 Mio. Euro) werden also, wie berichtet, mitgestresst.
Versuche der OeNB, die ÖVAG-Eigner (die Republik hält rund 43 Prozent) zu gewinnen, die drohende Kapitallücke noch vor Veröffentlichung des Stresstest-Ergebnisses zu stopfen, sind gescheitert. Im Finanzministerium sagt man nur, "dass zukünftige Entscheidungen der Stresstest-Ergebnisse bedürfen". Den Volksbanken würde eine Kapitalspritze ans Spitzeninstitut sehr schwerfallen. Dass sie (im besten von der OeNB errechneten Fall) rund 250 Mio. Euro aufbringen könnten, ist unwahrscheinlich. Eher springt da schon der Steuerzahler ein.
Zukunftsszenarien
Angesichts all dessen ist der ÖVAG-Vorstand unter Stephan Koren dabei, Zukunftsszenarien zu erarbeiten. Die Banker müssen der EZB im Fall eines Kapitallochs binnen zwei Wochen einen glaubwürdigen Plan zur Problemlösung vorlegen. Das Geld muss dann binnen sechs bis neun Monaten aufgestellt sein.
Den Kapitalmarkt wird die marode teilstaatliche Bank nicht anzapfen können, also stünden noch Haircuts für Gläubiger im Raum und weitere massive Schrumpfkuren der Bank. Grundsätzlich will die ÖVAG ja "ohne Staat" auskommen, heißt es. Wie das bewerkstelligt werden könnte, das steht aber noch in den Sternen. (Renate Graber, DER STANDARD, 31.7.2014)