Kiew/Luhansk - Die Ukraine stellt ihre Offensive gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes für einen Tag ein. Das gab die Armee am Donnerstag bekannt. Man sei einer Bitte von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon nachgekommen, um internationalen Ermittlern den Zugang zur Absturzstelle des malaysischen Passagierflugzeugs zu ermöglichen, sagte ein Armeesprecher.

"Der Generalstab der Anti-Terror-Operation hat entschieden, einen Tag des Schweigens und eine Einstellung der Kämpfe anzuordnen", sagte der Sprecher. In der weißrussischen Hauptstadt Minsk sollte am Donnerstag ein Treffen zwischen Vertretern der ukrainischen Regierung und den Separatisten stattfinden.

Experten nach mehreren Tagen wieder an Absturzort

Nach mehrtägigen erfolglosen Versuchen sind internationale Experten am Donnerstag zum Absturzort vorgedrungen. Niederländische und australische Ermittler hätten die Absturzstelle von Flug MH17 erreicht, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit. Sie wurden demnach von OSZE-Beobachtern begleitet.

Weiter teilte die OSZE mit, die Experten und Beobachter hätten einen "neuen Weg" gewählt, um zum Absturzort nahe der Stadt Donezk zu gelangen. In den vergangenen Tagen hatten heftige Gefechte zwischen den ukrainischen Streitkräften und prorussischen Separatisten den Zugang zu der Absturzstelle verhindert.

Australien erhebt Vorwürfe gegen Russland

An der Absturzstelle sind nach Angaben der australischen Außenministerin bis zu 80 Leichen noch nicht geborgen. Julie Bishop sprach am Donnerstag im australischen Rundfunk von großer Enttäuschung, weil die Ermittler wegen der anhaltenden Kämpfe nicht zur Absturzstelle vordringen können.

Bishop erhob neue Vorwürfe gegen Russland: "Meine große Sorge ist, dass Russland den Prozess aktiv untergräbt." Bishop hält sich derzeit in Kiew auf. Unter Bezug auf Geheimdienstinformationen sagte sie: "Danach sieht es ganz so aus, dass die Raketen von russischer Seite kommen und die Separatisten schwer bewaffnet sind. Sie haben Artillerie, sie haben Raketen. So etwas kauft man nicht im Laden an der Ecke."

Luhansk abgeschnitten

Die ukrainische Armee hat die von Separatisten kontrollierte Großstadt Luhansk nach eigenen Angaben fast völlig eingekesselt. Örtliche Behörden erklärten, die Einwohner seien inzwischen von der Lebensmittelversorgung abgeschnitten. Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte und Märkte seien nur unregelmäßig geöffnet, teilte die Stadtverwaltung online mit. Die Lieferungen von Lebensmitteln in die Stadt seien gestoppt worden. Die Geschäfte könnten nur noch das verkaufen, was sie in den Lagern hätten.

Die Armee erklärte, sie habe einen Korridor eingerichtet, durch den die Einwohner von Luhansk aus der Stadt fliehen könnten. Sie feuere auch nicht in Wohngebiete. Luhansk hatte vor dem Konflikt mehr als 400.000 Einwohner und ist neben Donezk die zweite Großstadt, die noch unter Kontrolle der Separatisten ist.

Militärübung Russlands

Russland hat nach eigenen Angaben am Donnerstag in der südlichen Region Astrachan mit einer zweitägigen Militärübung begonnen. Wie ein Sprecher des zentralen Militärdistrikts sagte, nehmen an dem Manöver Einheiten mit S-300-Boden-Luft-Raketen, SU-24-Kampfflugzeuge sowie MiG-31-Abfangjäger teil.

Die Übungen seien seit längerem geplant und hätten nichts mit den Spannungen in der Ukraine zu tun. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, mit dem Manöver solle geübt werden, wie ein "massiver Raketenangriff" zurückzuschlagen sei. (APA, 31.7.2014)