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Journalisten warten vor dem Sitzungssaal des ukrainischen Parlaments.

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Artilleriegeschütze der ukrainischen Armee im Bezirk Donezk

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Kiew/Moskau - Ein echtes Vertrauensvotum sieht anders aus: Nur 109 Abgeordnete sprachen sich am Donnerstag in der Rada gegen den Rücktritt von Premier Arseni Jazenjuk aus. Der Regierungschef kann (oder muss) nur deshalb weitermachen, weil sich gleichzeitig nur 16 Parlamentarier eindeutig gegen ihn stellten, während 184 Abgeordnete erst gar nicht an der Abstimmung teilnahmen.

Der Verbleib Jazenjuks ist ein Kompromiss, der in der vergangenen Woche nach dem Scheitern mehrerer Gesetzesinitiativen und dem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition noch unmöglich schien. Nun hat das Parlament der von Jazenjuk geforderten Zusatzfinanzierung für den Militäreinsatz im Osten zugestimmt - allerdings nur teilweise.

So wurden die Ausgaben für die Befriedung der Ostukraine um 700 Millionen Euro aufgestockt, davon gehen 570 Millionen in den Verteidigungshaushalt und 130 Millionen in den Aufbau der zerstörten Infrastruktur. Die Regierung hatte ursprünglich über eine Milliarde Euro gefordert. Hereinkommen soll das Geld über eine "Kriegssteuer" - 1,5 Prozent auf alle Einkommen.

Die Oligarchen, allen voran der Milliardär und Gouverneur von Dnipropetrowsk Igor Kolomoiski, kommen vergleichsweise billig davon: Die von Jazenjuk geforderte Anhebung der Bodenschatzsteuer für Gasförderer auf 70 Prozent kommt nicht. Stattdessen gibt es nach Fördertiefe gestaffelt zwei Sätze, die deutlich niedriger sind: 28 und 55 Prozent.

Rebellen konfiszieren

Laut dem Kiewer Politologen Alexander Kawa ist die Steueranhebung für die Ukrainer allerdings tragbar. 1,5 Prozent seien nicht dramatisch: "Die Ukraine ist im Kriegszustand, und wenn der Krieg nicht finanziert wird, kommt er in jedes Haus", sagte er.

Auch bei den Aufständischen werden die Mittel für die Kriegsführung knapp. Der Verteidigungsminister der "Volksrepublik Donzek" (DVR) Igor Strelkow verkündete daher kurzerhand die "Mobilisierung für die DVR lebenswichtiger Mittel". Konfisziert werden können mit diesem Dekret unter anderem Fahrzeuge, Treibstoff, Medikamente und Proviant. Schon zuvor hatte Strelkow den Belagerungszustand über Donezk verhängt und damit die Bewegungsfreiheit der Bürger stark eingeschränkt.

Nahe der Millionenstadt wurden auch am Donnerstag schwere Gefechte gemeldet. Donezk selbst soll aber nicht von Bombardements getroffen worden sein.

Ziel des Militärs ist es, einen Keil zwischen Donezk und Luhansk zu treiben und gleichzeitig die Absturzstelle der abgeschossenen Boeing unter Kontrolle zu nehmen. Am Donnerstag konnten erstmals nach tagelangen vergeblichen Versuchen Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Ort in Augenschein nehmen. Dort fielen allerdings mehrfach Schüsse, heißt es.

Die Zahl der Opfer in der Zivilbevölkerung steigt unaufhörlich. Seit Beginn des Konflikts haben nach Uno-Schätzung über 1100 Menschen ihr Leben verloren. Auch die Verluste des Militärs sind hoch. Armeesprecher Anatoli Lyssenko bezifferte die Verluste zuletzt auf 374 Tote und fast 1500 Verletzte. (André Ballin, DER STANDARD, 1.8.2014)