Argentinien ist wieder einmal zahlungsunfähig, doch in Buenos Aires geht alles seinen gewohnten Gang. Vorerst jedenfalls, denn das Ganze ist keine reelle Staatspleite wie 2001, als Banken schließen mussten, die Währung abgewertet wurde, es zu Plünderungen und Massendemonstrationen kam und die Regierung stürzte. Sondern es ist ein komplizierter Rechtsstreit im fernen New York zwischen Hedgefonds und der Regierung. Die Auswirkungen sind kurzfristig nicht zu spüren, sondern allenfalls langfristig gefährlich. Entsprechend gelassen reagierte am Donnerstag die argentinische Bevölkerung. "Ich habe so viele Krisen erlebt, dass diese mir nicht den Schlaf raubt", sagte der Elektriker Mariano Torga in Buenos Aires.

Die argentinische Regierung hat im Konflikt mit den US-Fonds auf politischen Druck gesetzt. Die Rechnung ging nicht auf. Präsidentin Cristina Kirchner zeigte erst in letzter Minute Verhandlungsbereitschaft; ihre Brandreden gegen die "Geierfonds" machten das Thema, das eigentlich der Diskretion und sachverständiger Unterhändler bedurft hätte, zum Politikum. Das missfiel zwar US-Richter Thomas Griesa, brachte ihr aber Pluspunkte bei der Wählerschaft, wie eine Umfrage des Instituts Poliarquía ergeben hat: Demnach unterstützt knapp die Hälfte der Argentinier die harte Haltung der Regierung gegenüber den Hedgefonds.

Der Streit: "Ein Traum"

"Das ist nicht überraschend", kommentierte Institutsdirektor Alejandro Catterberg in La Nación die politische Haltung. "Sich mit uneinsichtigen, konservativen Richtern und unersättlichen Millionären zu streiten ist ein Traum für jeden populistischen Staatschef, zumal in einer Gesellschaft wie der argentinischen, die dem Staat mehr vertraut als dem Kapital und wenig geneigt ist, Spielregeln einzuhalten."

Jetzt scheinen alle zu verlieren: Die Fonds haben nichts gewonnen, die Inhaber der umgeschuldeten Schuldscheine sind Geiseln, und Argentinien bleibt ein Paria und dürfte mittelfristig unter den wirtschaftlichen Folgen des selektiven Defaults leiden.

Druck auf den argentinischen Peso, vielleicht eine Abwertung, weniger Investitionen, Rezession und Arbeitslosigkeit drohen dem Land nun Ökonomen zufolge. Kein erbauliches Panorama für Kirchner, die ihr letztes Amtsjahr mit Glanz und Gloria absolvieren wollte. Und es bedeutet eine große Ungewissheit mit Blick auf die Wahlen im kommenden Jahr, bei denen Argentinien eine Polarisierung droht zwischen einem populistischen und einem technokratischen Kurs.