Wien - Schon in den vergangenen Jahrzehnten haben Schäden an den Wäldern Europas durch Wind, Waldbrände und Borkenkäfer stark zugenommen. Eine Entwicklung, die durch den Klimawandel begünstigt wird: Beim Fortschreiten der Erderwärmung werde die Schadholzmenge künftig um eine Mio. Kubikmeter pro Jahr steigen, berichten Wiener Forscher aktuell im Fachjournal "Nature Climate Change".
Kontinuierlicher Anstieg
Auf Basis von Waldschadensmeldungen aus ganz Europa haben Rupert Seidl und Werner Rammer vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien sowie Kollegen aus den Niederlanden und Finnland errechnet, dass in den vergangenen vier Jahrzehnten die Schadholzmengen kontinuierlich gestiegen sind. Im Zeitraum 2002-2010 gingen 32 Mio. Kubikmeter Schadholz pro Jahr auf das Konto von Windwürfen - um 140 Prozent mehr als im Zeitraum 1971 bis 1980. Die Schäden durch Borkenkäfer haben sich in dieser Zeit auf 15 Mio. Kubikmeter pro Jahr versiebenfacht, jene durch Waldbrände auf 9 Mio. Kubikmeter pro Jahr mehr als verdreifacht, schreiben die Forscher.
Die im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends in Summe anfallende jährliche Schadholzmenge (56 Mio. Kubikmeter) entspricht dem bestehenden Holzvolumen der Wälder Vorarlbergs und des Burgenlands, vergleichen die Wissenschafter. Beim Anstieg der Schäden durch Waldbrände sei "ganz klar der Klimawandel der Treiber, bei Wind und Borkenkäfer ist ungefähr die Hälfte der Schäden klimabedingt", so Rupert Seidl. Ein weiterer Faktor sei etwa die Zunahme des im europäischen Wald stehenden Holzvorrats, die auch eine Zunahme an Schäden bedinge.
Eine Mio. Kubikmeter Schadholz jährlich
Angesichts prognostizierter Auswirkungen des Klimawandels erwarten die Forscher einen weiteren Anstieg der Schäden: Ohne Änderung des derzeitigen Waldmanagements würden demnach zwischen 2021 und 2030 um fast eine Mio. Kubikmeter Schadholz pro Jahr durch Feuer, Wind und Borkenkäfer zusätzlich anfallen. "Wenn wir in den Simulationen dagegen das Klima auf vergangenen Werten einfrieren, bleiben die Schäden auf hohem Niveau gleich", so Seidl.
Die Wissenschafter verweisen auf die Gefahr eines starken Rückkopplungseffekts: Derzeit binden die europäischen Wälder große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) und wirken so dem Klimawandel entgegen. Steigende Waldschäden könnten dagegen das Bindungspotential herabsetzen und die Erderwärmung beschleunigen.
Waldmanagement in der Verantwortung
"Die europäische Waldwirtschaft muss sich also auf zum Teil gravierende Änderungen einstellen, welchen jedoch durch eine angepasste Bewirtschaftung begegnet werden kann", betont Seidl. Vor allem in Mitteleuropa, wo ein besonders hoher Anstieg von Waldschäden zu erwarten sei, müssten Risikoüberlegungen eine größere Rolle in der Bewirtschaftung einnehmen. Durch Maßnahmen wie die Erhöhung von Diversität im Wald könne die Klimaschutzfunktion des Waldes unterstützt werden. (APA/red, derStandard.at, 4.8.2014)