Sky will Plazamedia weiterhin, sagt Sky-Mann Smith.

Foto: Sky/Mayr

STANDARD: Die Online-Programmabrufplattform Netflix will Sky ab Herbst mit Angeboten für Deuschland und Österreich Konkurrenz machen. Wie reagieren Sie?

Smith: Uns kann das im Grunde nur recht sein.

STANDARD: Weil?

Smith: Vergleichen Sie den deutschsprachigen Markt mit den USA oder Großbritannien: Hier hat noch nicht einmal jeder zehnte Haushalte Pay-TV. Vom Netflix-Start in Großbritannien weiß ich, dass sie sehr, sehr viel Geld investiert haben, um Fernsehen auf Abruf zu bewerben. Das erhöht die Aufmerksamkeit für Programmabruf generell. Und wir sind in Deutschland und Österreich klarer Marktführer im Pay-TV. Wenn sich Konsumenten das Angebot von Netflix ansehen und jenes von Sky, dann haben wir eine hervorragende Position. Wir haben die Onlinevideothek Snap, wir haben ein konkurrenzloses Sportangebot auf allen Plattformen …

STANDARD: Vielleicht nicht mehr lange so konkurrenzlos: Im Sport will Ihnen nun Constantin Media mit einem günstigeren deutschen Bundesligapaket Konkurrenz machen. Was erwarten Sie da?

Smith: Unsere Partnerschaft mit der Bundesliga hat für uns höchste Priorität – und das wird auch so bleiben. Erst vor kurzem hat das erste volle Jahr der aktuellen Vereinbarung mit der DFL geendet, und es werden noch drei Saisons folgen. Gemeinsam mit den Fans freuen wir uns darauf, viele der Spieler, die bei der WM begeisterten, zurück auf dem Platz zu sehen. Die Pläne unserer Mitbewerber beschäftigen uns nicht. Von unserer engen Zusammenarbeit mit der DFL und den beträchtlichen Umsätzen, der erstklassigen Berichterstattung und internationalen Aufmerksamkeit, die damit einhergehen, profitieren nicht nur die Liga und die einzelnen Mannschaften, sondern auch der deutsche Fußball als Ganzes. Es ist unser erklärtes Ziel, diese Partnerschaft auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortzuführen.

STANDARD: Kurz vor dieser Ankündigung von Constantin/Sport1 über ein neues Sport-Paket hat Sky über einen Einstieg bei der Constantin-Produktionstochter Plazamedia verhandelt. Warum haben sich die Gespräche da so überraschend zerschlagen? Ist Ihnen jemand dazwischengekommen? Und: Kann das nun angekündigte Bundesligapaket damit in Zusammenhang stehen?

Smith: Wir sind immer noch der Ansicht, dass die Vereinbarung mit unserem Produktionspartner Constantin über den Verkauf von Plazamedia und einen Teil von Sport1 an Sky gültig und rechtlich bindend ist, und uns ist immer noch daran gelegen, den Deal abzuschließen. Wir arbeiten weiterhin täglich mit Plazamedia zusammen, und unser Verhältnis zu Constantin ist gut. Es ist jedoch auf längere Sicht wichtig für Sky, im Produktionsbereich an Flexibilität, Innovations- und Experimentierfähigkeit hinzuzugewinnen, da wir in Zukunft mehr Eigenproduktionen verwirklichen wollen. Aus diesem Grund wägen wir gerade sämtliche Optionen ab.

STANDARD: Noch einmal kurz zurück zu Netflix. Wenn Sie positiv bewerten, dass der neue Konkurrent Pay-TV bewirbt in einem Markt, in dem Pay-TV noch weit hinter anderen Märkten liegt, sagen Sie aber auch nach Jahrzehnten in diesem Markt: Wir haben bisher nicht genug getan, um unsere Angebote zu bewerben. Und: Wir freuen uns, dass ein kleiner Konkurrent da die Arbeit für uns übernimmt.

Smith: Das habe ich damit natürlich nicht gesagt. Wir haben Sky Go binnen drei Jahren sehr schnell entwickelt, es ist heute die größte OTT-Plattform (Over The Top, also Video- und Audioinhalte über das Internetprotokoll). Was ist der Kern unseres Business? Eine Settop-Box und ein Abonnementmodell über Satellit oder Kabel. Es gibt so viele Möglichkeiten im Pay-TV-Business – es ist immer eine Frage, wofür man sein Marketingbudget einsetzt und wie man das Publikum für seine Produkte interessiert. Da geht es etwa auch um Timing, und nicht nur um das große Werbebudget. Aktuell setzen wir es in Österreich aber gerade für eine Sky-Go-Kampagne ein.

STANDARD: Aber mit einem günstigeren Angebot als Sky könnte Ihnen etwa Netflix schon in die Quere kommen.

Smith: Sie vergleichen da Äpfel mit Birnen. Ganz unabhängig von der Preisfrage: Die Menschen kaufen unsere Angebote aus unterschiedlichen Gründen. Wir haben Blockbuster, neue Filme, fantastische Serien, exklusiven Livesport. Netflix basiert auf einem großen Programmfundus, der natürlich weit zurückreicht – aber den haben wir auf unserm Portal Snap auch. Snap und Netflix werden in einem Konkurrenzverhältnis stehen, das ist schon klar. Aber wenn Sie sich in diesem Feld umschauen, denken Sie etwa an Watchever, dann können Sie beobachten, wie die ersten Player da schon wieder in Schwierigkeiten kommen. Da wird sich die Landschaft noch häufiger ändern. Wir spielen nicht nur auf einer Saite – und sind damit weit breiter aufgestellt. Netflix startete im britischen Markt mit ihren eigenen Exklusivrechten an „House of Cards“ – und selbst die läuft, neben vielen Exklusivverträgen mit Filmstudios und im Sport, im deutschsprachigen Markt zuerst bei uns.

STANDARD: Soll heißen: Sie sehen das total entspannt.

Smith: Das heißt: Wir unterschätzen unsere Wettbewerber definitiv nicht. Sie sind alle ernst zu nehmende, hart kämpfende Anbieter. Aber auch hier gilt: Wenn die Flut kommt, heben sich alle Boote.

STANDARD: Ein weit kleinerer Wettbewerber in einem weit kleineren Markt als Deutschland wird gerade vom ORF übernommen: Das Bezahl-Abrufportal Flimmit.com ist für Sie vermutlich bisher eher ein Detail am Rande, jedenfalls solange der ORF damit nicht versucht, auch den deutschen Markt ernsthaft zu beackern.

Smith: Österreich ist für mich nicht nur ein Detail am Rande. Das sind mehr als drei Millionen Fernsehhaushalte.

STANDARD: Verglichen mit dem deutschen Markt aber doch deutlich kleiner. Ist es international üblich, dass sich ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender ein Bezahlportal zulegt?

Smith: Es ist ein bisschen früh abzuschätzen, wohin die Reise bei Flimmit gehen soll. Das Genehmigungsverfahren ist ja noch nicht abgeschlossen. Ein Programmstock von etwas mehr als 2000 Titeln ist nicht gerade die weltgrößte Library. Wir werden uns das ansehen. Beispiele gibt es – wie den iPlayer der BBC …

STANDARD: Der aber nur außerhalb Großbritanniens Geld für den Abruf verlangt.

Smith: Ad hoc fällt mir kein öffentlich-rechtlicher Sender ein, der für Programme auf Abruf von seinen Gebührenzahlern noch einmal Geld verlangt.

STANDARD: Wenn sich der lineare Fernsehkonsum so weiterentwickelt wie heute, kann man die Strategie jedenfalls verstehen.

Smith: Der Fernsehkonsum steigt – wenn man den Konsum über alle Endgeräte und in allen Varianten berücksichtigt. Aber die Tendenzen gibt es natürlich: Weg vom orts- und termingebundenen Fernsehen zu mobilem und/oder zeitversetztem Konsum. Da muss man zwischen Genres unterscheiden: Fiction wird immer mehr zeitversetzt oder auf Abruf konsumiert, bis hin zum Komaschauen: eine komplette Staffel „Game of Thrones“ an einem Wochenende – wie ich damals als Teenager die „Star Wars“-Trilogie auf Video. Zugleich aber schauen mehr Menschen Livesport im Fernsehen – aber eben nicht mehr alle auf dem großen Bildschirm im Wohnzimmer, sondern auch unterwegs auf dem Smartphone im Bus. Der Kunde muss entscheiden können, was er wo und wie sehen will. (Harald Fidler, DER STANDARD, 5.8.2014; Langfasssung)