Erste Nahaufnahmen mit "Rosettas" Osiris-Kamera zeigen die Oberfläche des Kometen "67 P/Tschurjumow-Gerasimenko" als Landschaft mit felsbrockenartigen Gebilden, Kratern und Klippen.

Foto: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Ebenfalls brandneu: ein Bild vom "Kopf" des unregelmäßig geformten Kometen (links), der einen Schatten auf seine hinteren Teile wirft.

Foto: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Mit dieser bereits recht detaillierten Gesamtansicht begleitete die ESA ihren Tweet zum erfolgreichen Einschwenkmanöver "Rosettas" um den Kometen. Das Foto stammt allerdings bereits vom 3. August.

Foto: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

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Zivilisierte Freudenbekundungen im Darmstädter Kontrollzentrum.

Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach

Diese Aufnahme stammt von Ende Juli. Der Kern, aufgenommen mit dem Kamerasystem Osiris, ist zu diesem Zeitpunkt 1950 Kilometer von "Rosetta" entfernt. Ein Pixel entspricht etwa 37 Meter.

Foto: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Wien/Graz/Darmstadt - Freude im ESA-Kontrollzentrum: Die Kometenmission "Rosetta" hat eine ihrer heikelsten Phasen absolviert, die Sonde ist durch ein letztes Bremsmanöver in eine kompliziert zu beschreibende Quasi-Umlaufbahn um den Zielkometen "67 P/Tschurjumow-Gerasimenko" eingeschwenkt. Nun hieß es von der ESA: "Wir sind auf dem Kometen", während die Sonde auf ihrem Twitter-Account in allen europäischen Sprachen "Hallo, Komet!" hinausposaunte.

Von der Autobahn in die Stadt

Mehr als sechs Milliarden Kilometer hat "Rosetta" schon zurückgelegt. Ein ESA-Experte fasste es so zusammen: Mit dem nun erfolgten Ende der interplanetaren Phase von "Rosettas“ Reise sei die Sonde von einer Autobahn abgefahren und im chaotischen Verkehr einer Stadt angekommen. Auf diese neue "Verkehrssituation" reagiert die Sonde mit einer Reihe von Korrekturmanövern, die sich über die nächsten Tage erstrecken werden.

Bereits seit Mai haben die Experten der Europäischen Weltraumagentur ESA verschiedene Manöver durchgeführt, um die Sonde an den Kometen und dessen Geschwindigkeit von rund 55.000 Kilometer pro Stunde anzunähern. Im November soll die Sonde das Landegerät "Philae" absetzen. Von der Mission erhoffen sich die Wissenschafter unter anderem Informationen über die Anfänge des Sonnensystems.

Video: Bis "Rosetta" in einen richtigen Orbit um "67 P/Tschurjumow-Gerasimenko" einschwenkt, bedarf es komplizierter Flugmanöver.
Storyful, ESA

In den nächsten Wochen werden nun weitere kleinere Korrekturmanöver durchgeführt, bis die Sonde tatsächlich in eine Art Orbit um den Kometen eintritt. Aufgrund der äußerst geringen Anziehungskraft des Kometen beschreibt die Sonde auf ihrer Bahn mithilfe regelmäßiger Kurskorrekturen zunächst ein Vieleck, das allmählich in eine enge Kreisbahn übergehen wird, wie der Chef des Grazer Instituts für Weltraumforschung, Wolfgang Baumjohann, erklärt.

Unerreicht detaillierte Aufnahmen

Nie zuvor war ein Raumfahrzeug einem Kometen so nahe gekommen. Das Bildmaterial der vergangenen Wochen übertraf bereits alles, was frühere Missionen an Aufnahmen von Kometenoberflächen zustande brachten. Die neuesten Fotos, eingefangen mit dem Kamerasystem Osiris, geben Details wieder, die buchstäblich noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat: Helle und dunkle Regionen wechseln einander ab, schroffe Strukturen und tiefe Steilhänge grenzen an ausgedehnte, glatt wirkende Ebenen.

Die Forscher vermuten, dass 67P/C-G erst wenige Male dem inneren Sonnensystem einen Besuch abgestattet hat. Während dieser aktiven Phasen, bei denen leicht flüchtige Stoffe von der Oberfläche abgetragen werden und Fontänen aus Staub und Gas ins All schießen, dürfte die so fremd anmutende Kometenlandschaft geformt worden sein. Diese zu untersuchen wird "Rosettas" künftige Aufgabe sein, unter anderem auch mit Instrumenten aus Österreich.

Instrumente aus Österreich

Nicht zuletzt deshalb wurde auch am IWF das jüngste Manöver mit Spannung mitverfolgt. "Rosetta ist die erste Weltraumsonde, die einen Kometen über längere Zeit begleiten wird und wir sind mit fünf wissenschaftlichen Instrumenten an dieser Mission beteiligt. Wir haben mit den Geräten an Bord erste Tests gemacht, die Daten sehen vernünftig aus. Wir gehen davon aus, dass alles wirklich gut funktionieren wird und wir aussagekräftige Daten erhalten", betonte Baumjohann.

An Bord von "Rosetta" fliegt unter anderem das Instrument Midas mit, das am IWF in Zusammenarbeit mit Joanneum Research, RUAG und AIT entwickelt wurde. Es soll Mikrostaubteilchen des Kometen einsammeln, mithilfe eines Rasterkraftmikroskops abtasten, abbilden und statistisch auswerten. "Wir fangen damit an, wenn die laufenden Messungen des Staubkollektors uns zeigen, dass ausreichend viel Staubteilchen vorhanden sind. Wir schätzen, das wird im September sein, wenn wir rund 30 Kilometer vom Kometen entfernt sind", erläuterte der Principal Investigator des Instruments, Mark Bentley. Die Textur der Staubteilchen könne auf einige Nanometer genau gemessen werden.

Spektakuläre Landung im November

Im November soll es dann zu einer spektakulären Premiere kommen: Die Landeeinheit "Philae" soll auf dem Kometen abgesetzt werden - ein Manöver, das noch nie zuvor durchgeführt wurde. Ein passender Landeplatz muss auf "Tschuri" noch gesucht werden - das wird Aufgabe der Wissenschafter und Techniker in den nächsten Wochen sein.

"Rosetta" hat übrigens die Temperatur von "Tschuri" gemessen. Demnach liegt die durchschnittliche Oberflächentemperatur des Kometen bei minus 70 Grad Celsius. Daraus schließen die Experten, dass die Oberfläche überwiegend mit Staub bedeckt ist und nicht mit Eis, weil in diesem Fall die Temperatur niedriger wäre.

ESA-Fotowettbewerb

Für all diejenigen, die sich auch selbst in das "Rosetta"-Projekt einbringen wollen, hat die ESA einen Fotowettbewerb rund ums Reisen und Ankommen ausgerufen. Als Hauptpreis, der doppelt vergeben wird (ein Publikumspreis und ein Preis von einer ESA-Jury), winkt die Teilnahme am VIP-Event im Satellitenkontrollzentrum der ESA in Darmstadt im Zuge der ersten Landung auf einem Kometen im kommenden November. Als mögliches Requisit für die Foto-Session bietet die ESA auf ihrer Homepage den Bausatz für ein "Rosetta"-Papiermodell an. (red/APA, derStandard.at, 06.08.2014)