Aus Protest gegen die "moralisch unvertretbare" britische Nahostpolitik ist am Dienstag die einzige Muslimin im britischen Kabinett zurückgetreten. Die stillschweigende Unterstützung für Israels Gazakrieg sei "nicht in Großbritanniens nationalem Interesse" und werde den Ruf des Landes beschädigen, schrieb die konservative Außenstaatssekretärin Sayeeda Warsi.

Der Rücktritt kommt einen Tag, nachdem die 43-Jährige beim zentralen Gedenkgottesdienst zum 100. Jahrestag des britischen Eintritts in den Ersten Weltkrieg die Regierung vertrat. Auf der Insel tobt seit Wochen ein Streit darüber, wie glaubwürdig dieses Gedenken an einen längst vergangenen Konflikt ist, während die frühere Kolonialmacht sich im aktuellen Nahostkrieg vornehm zurückhält. Diese Vorgehensweise sei "nicht mit unseren Werten vereinbar", glaubt Warsi.

Premier David Cameron hält die Hamas für "eine Terrororganisation". Die Situation in Gaza hat der Chef einer konservativ-liberalen Koalition mehrfach "unerträglich" genannt, schreckt aber vor einer öffentlichen Verurteilung Israels zurück. Hingegen nennt Labour-Oppositionsführer Edward Miliband, ein Jude, die Kriegshandlungen des Verbündeten Israel "unberechtigt und unvertretbar".

Warsi stand als junge muslimische Frau aus dem nordenglischen Dewsbury für Camerons Versuch, seiner überalterten Partei ein modernes Gesicht zu geben. Ihre zweijährige Amtszeit als Generalsekretärin bis 2012 gilt jedoch als gescheitert. Im Außenamt war die gelernte Juristin für die UN und internationales Recht zuständig. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 6.8.2014)