La Roux sind zurück und mit ihnen die Entdeckung der Lendengegend als Ursprung der Lebensfreude.

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La Roux konnten vor fünf Jahren auf ihrem Debütalbum mit Hits wie Bulletproof oder In For The Kill begeistern. Das britische Duo bestand aus dem erfahrenen, stets im Hintergrund agierenden Produzenten Ben Langmaid (Faithless) und Sängerin und Songschreiberin Eleanor "Elly" Jackson. La Roux produzierten klassischen Synthiepop, wie er vor 30, 35 Jahren von der Weltjugend geschätzt wurde. Knallige, aber nicht zu sehr schnalzende Retortenbeats waren da zu hören.

Dazu setzte es, wie man damals in den frühen 1980er-Jahren sagte, "unterkühlte", nein, "seelenlose" Synthiesounds. Referenznamen wie natürlich Depeche Mode, Annie Lennox und die Eurythmics oder The Human League und deren Nachfolgeprojekt Heaven 17 müssen genannt werden. Auch Yazoo, Erasure oder Tears For Fears werden in Kritiken gern genannt. All diese Acts spielen in der musikalischen Sozia lisation von La Roux sicher eine entscheidende Rolle. Ebenso die jederzeitige Verfügbarkeit ganzer Musikstile und historischer Gesamtkataloge einer ganzen Ära im Internet.

Der androgynen Elly Jackson mit ihrer kessen Sturmtolle wurde der international breite Erfolg jedoch schnell zu viel. Der 21-Jährigen setzte die Stimme aus, Panik attacken kamen und gingen, es folgte eine lange Auszeit.

Mit Trouble In Paradise kehrt Elly Jackson nun in die Öffentlichkeit zurück. In den Credits taucht zwar teilweise noch Ben Langmaid als Partner auf, doch der Mann wollte die Zusammenarbeit dann doch nicht mehr fortführen. Ian Sherwin produziert nun Trouble In Paradise. Dieses zweite Album hat gewisse Neuerungen zu bieten. Zum Beispiel war es zwar vor fünf Jahren wesentlicher Bestandteil ihres Erfolgs, dass Elly Jackson sehr laut zur zackigen Musik singen konnte, es klang aber auch immer sehr schrill im Diskant und etwas neben der Spur hyperventilierend. Diesbezüglich findet auch gern das Wort Heulboje Verwendung.

Trouble In Paradise dokumentiert nicht nur eine stimmliche Weiterentwicklung hin zur Mäßigung und Dezenz. Auch musikalisch bewegen sich La Roux weiter Richtung Mitte der 1980er-Jahre. Damals wurden die Videos nicht nur richtig teuer in schönen Weltgegenden aus der Bacardi-Werbung und auf Yachten gedreht. Wenn wir schon von Duran Duran als den Großmeistern dieses Stils sprechen: Auch La Roux entdecken mit dem verstärkten Einsatz von verhallten Gitarren, die etwas sterile Funk-Licks spielen, die Beckengegend als Ursprung der Lebensfreude. Die aktuelle Single Uptight Downtown funktioniert als Laptop-Nachstellung damals genreüblicher Expeditionen zu Dreharbeiten für derartige Clips ganz prächtig.

Trouble In Paradise verhandelt in seinen Songs ausschließlich zwei einander ergänzende Themenbereiche: Sex und Liebe. Man muss nicht besonders sensibel oder gut in Englisch sein, um dies anhand von Songtiteln wie Sexotheque, Cruel Sexuality oder Paradise Is You feststellen zu können.

So angenehm das Album zu hören sein mag, die Halbwertszeit ist absehbar. Im Herbst wird das niemand mehr brauchen wollen. Aber das war auch bei gutem Pop schon immer so, dass er nur eine Saison gehalten hat. Die musikalische Umsetzung von nicht zu teurem Speiseeis. Ist doch auch nicht schlecht. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 8.8.2014)