Amsterdam - Als 2013 der erste aus im Labor gezüchtetem Kunstfleisch hergestellte Burger öffentlich verkostet wurde, geriet dies zu einem beachtlichen Medienereignis. Die Entwicklung des niederländischen Forschers Mark Post von der Uni Maastricht basiert auf Muskelstammzellen von Rindern, die im Labor vermehrt wurden.

Es könnte der erste Vorbote einer ernährungstechnischen Revolution gewesen sein, hofft Post. Er weist dabei nicht zuletzt auf die ethischen Aspekte hin: Kunstfleisch als neuer Ausweg aus dem Dilemma, das die seit Jahren zunehmend kritisierte Massenzucht von Tieren mit sich bringt.

Ungeahnte fleischliche Genüsse

Denkanstöße zu liefern ist auch das Ziel eines nun präsentierten Kochbuchs. Und auch wenn es dem "In-Vitro-Fleisch-Kochbuch" noch an der allgemein verfügbaren Hauptzutat fehlt, findet sich darin eine breite Palette an Ideen: Von Schals, die aus Proteinfäden gestrickt werden, über rekonstruierte Dodoflügel als Alternative zu Chicken Wings bis zu neonbunten Fleischbällchen oder Eis mit Fleischgeschmack.

Dahinter steckt das niederländische Netzwerk "Next Nature", das sich an der Schnittstelle von Wissenschaft, Kunst, Alltagskultur und wirtschaftlicher Verwertung mit der vom Menschen geschaffenen "nächsten Natur" befasst, zu der gentechnische Veränderungen ebenso zählen wie autonome Maschinen.

Das nun in Amsterdam vorgestellte Kochbuch will - siehe die Rezeptpalette - unterhalten, aber auch die möglichen gesellschaftlichen Aspekte einer künftigen Kunstfleischproduktion aufzeigen. Es lässt dabei aber auch die gegenwärtige Situation nicht außer Acht: "Das Buch wirft Fragen auf und heizt die Diskussion über unseren Fleischkonsum an", sagte der zu "Next Nature" gehörende Designer und Philosoph Koert van Mensvoort. (jdo, derStandard.at, 6. 8. 2014)