Zürich - Die Entdeckung einer bislang unbekannten Dinosaurierspezies, die noch dazu weit zurück in der Ahnenreihe dieser Tiergruppe stand, meldet die Universität Zürich. Fossilien des 202 Millionen Jahre alten Tiers wurden in den Andenregionen Venezuelas entdeckt.
Die neu beschriebene Spezies, die die Bezeichnung Laquintasaura venezuelae erhielt (der seltene Fall einer weiblichen Endung), war ein auf zwei Beinen laufendes Tier von der Größe eines Huhns und lebte offenbar in Gruppen. Sie zählt zu den ältesten bisher entdeckten Dinosauriern der Gruppe der Vogelbecken-Saurier (Ornithischia), einem der beiden großen Zweige der Dinosaurier-Evolution. Dieser Gruppe entstammten alle bekannten großen Pflanzenfresser mit Ausnahme der Sauropoden - also Tiere wie Triceratops, Stegosaurus oder Iguanodon.
Kein Einzelgänger
Die Fossilien wurden vom Zürcher Paläontologen Marcelo Sánchez entdeckt. Zusammen mit Studienerstautor Paul Barrett vom Natural History Museum in London und internationalen Forscherkollegen beschreibt Sánchez die Spezies aus der Übergangszeit von der Trias zum Jura in den "Proceedings of the Royal Society B". "Aus dieser Zeit vor rund 200 Millionen Jahren sind bislang nur einige wenige Dinosaurier-Arten bekannt. Der Fund mit diesem frühen Zeitfenster ermöglicht es, neue Erkenntnisse über die Evolution und Ausbreitung der ausgestorbenen Reptilien zu gewinnen", sagt Sánchez.
Die Fundstätte enthielt hunderte von Knochenfragmenten, die zu mindestens vier Individuen derselben Spezies gehören. "Ein Beweis dafür, dass diese frühe Dinosaurier miteinander gelebt haben", so Sánchez. Das Leben in einer Gruppe bzw. einem Rudel ist von jüngeren Dinosaurierarten bekannt. Unklar blieb bisher, wann das Sozialverhalten in der Evolution der Dinosaurier erstmals auftauchte. "Nun können wir das früheste Sozialverhalten der Vogelbecken-Dinosaurier belegen", weist der Paläontologe auf die Bedeutung des Funds hin.
Vielleicht ist doch mehr zu finden als gedacht
"Die Geschichte der Vogelbecken-Saurier ist wegen fehlender Funde bisher noch sehr lückenhaft", so Sánchez. Für ein umfassenderes Verständnis der Phylogenese dieser Saurier-Gruppe spiele diese frühe Art deshalb eine Schlüsselrolle. Außergewöhnlich ist aber nicht nur das Alter des Tiers, sondern auch sein Lebensraum: Viele Paläontologen gingen bislang davon aus, dass die tropischen Breiten insbesondere Südamerikas für die Dinosaurier zu unwirtlich waren und deshalb nicht von diesen bewohnt wurden; bisher fand man im nördlichen Teil des Kontinents keine Fossilien.
"Nun offenbart sich gerade der tropische Gürtel als der Ort, an dem sich einer der ältesten bekannten Vogelbecken-Dinosaurier entwickelt hatte", sagt Sánchez, der mit weiteren Funden in der kommenden Zeit rechnet. Denn vielleicht liege der bisher magere Fossilienbefund in dieser Region nur daran, dass es dort kaum eine Tradition paläontologischer Forschungen gebe - nicht jedoch an einem Mangel an Dinos, die in der Region einst lebten. (red, derStandard.at, 6. 8. 2014)