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Will die Wiener Symphoniker verstärkt international präsentieren: Johannes Neubert.

Foto: ap / LILLI STRAUSS

Wien - So feierlich heimische Festivals auch beginnen mögen - dieser Tage weilt bei ihnen als Gast immer auch das Gespenst der seit Jahren nicht an die Inflation angepassten Subventionen. Auch bei den Bregenzer Festspielen war es zugegen: Präsident Hans-Peter Metzler geißelte - quasi als unwirsche Begrüßung der angereisten Politik - die seit 1997 gleich gebliebene Bundes-Unterstützung. Und Johannes Neubert hat dafür "größtes Verständnis".

Der Manager der Wiener Symphoniker, die in Bregenz Opernarbeit leisten, bewundert, wie es Bregenz "über sehr viele Jahre geschafft" habe, die real gesunkenen Förderungen auszugleichen. Nun sei jedoch ein Punkt erreicht, "an dem es nicht mehr funktionieren kann. Die neue Intendantin Elisabeth Sobotka übernimmt in Bregenz einen sehr schwierigen Job." Natürlich sei es "legitim vom Subventionsgeber, Gelder zu kürzen oder Budgets anders zu gewichten. Aber da wird ja nicht offen geredet, es gibt keine Diskussion - auch nicht über Inhalte."

Rationalisieren und Flexibilisieren: Das sind zwar auch für Neubert - bezüglich seines Orchesters - Begriffe, an denen er nicht vorbeikommt. Und es sei "nicht angenehm", den Kollegen etwas "wegverhandeln zu müssen". Aber immerhin steckt dahinter ein argumentierbares Konzept, das sich im Kern um längerfristigen künstlerischen "Profit" Gedanken macht. Es gehe letztlich um Anpassungen an Rahmenbedingungen, "die internationale Konkurrenzsituation im Orchesterbereich ist ja wesentlich härter als früher, auch gibt es kein CD-Geschäft mehr." In Wien gäbe es zwar "kein Problem, das ist noch eine Insel der Seligen. Der Markt ist gewachsen, auch wir spielen mehr Konzerte als früher - von den Wiener Philharmonikern gar nicht zu reden. Wenn es aber darum geht, international wahrgenommen zu werden und die Orchestermarke zu stärken, ist es schwerer geworden."

Vor 40 Jahre hatte man "nur ein ,Wiener Orchester' sein müssen, und es ging bei Tourneen alles glatt. Das ist vorbei!" Man müsse nun bezüglich der verlangten Gagen realistisch agieren, so man in relevanten Metropolen präsent sein will, so Neubert.

Erfolge steigern Gagen

Zum Konzept gehört indes auch, ein Gefühl der Identifikation zu wecken. "Es geht also darum, eine virtuelle Eigentümerschaft der Musiker herzustellen. Wenn in der Folge ein supermotiviertes Orchester Erfolge abräumt, habe auch ich honorarmäßig bessere Optionen. Dienstgeber, Dienstnehmer und Musiker, die Dienste spielen - das ist eine seltsame Terminologie", die auf einen quasi motivatorischen Problemherd hinweisen könne.

Neubert denkt jedoch, dass die Symphoniker in diesem Punkt problemfrei sind. Besonders das Engagement des im Herbst auch offiziell startenden Chefdirigenten Philippe Jordan markiert den Beginn einer neuen Phase der Orchesterentwicklung. Eine besondere Verbindung sei da entstanden - "Jordan ist immerhin der erste vom Orchester gewählte Chef. Als Musiker so eine Wahl zu treffen, bedeut ja auch, mehr Verantwortung zu übernehmen."

Schließlich fällt nicht alles, wozu sich ein Chefdirigent entschließt, in den Bereich "populär". Da helfe es schon, dass es "ein klares Ergebnis für Jordan gab. Zudem ist er kein Schönwetterdirigent, sondern ein toller Handwerker, der aber im Konzert zulegen, spontan Dinge einbringen kann", schwärmt der Kulturmanager aus Jena, der schon das Tonkünstler-Orchester NÖ betreut hat. Auch in dieser Funktion führte er einst Gespräche mit Jordan: "Damals sagte er ,Nein', entschied sich für ein freies Dirigententum, bis er an der Pariser Oper Musikchef wurde."

Opernmäßig ist Jordan somit aber ausgelastet - mit den Symphonikern wird er fern des Musiktheaters zu finden sein. "Er wird mit dem Orchester mehr arbeiten als bisherige Chefdirigenten. Aber ganz klar: Es war das symphonische Repertoire, das ihn reizte." Doch wenn einen guten und international verankerten Maestro etwas reizt, dann zieht er sicher auch sein Orchester mit, womöglich auf eine Ebene der Qualität und internationalen Präsenz, die bisher fern schien. Neubert würde das sicher ins Konzept passen. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 7.8.2014)