Das Urteil gegen die letzten noch lebenden Anführer der Roten Khmer hat vor allem symbolische Bedeutung. Die grauenhaften Verbrechen sind nicht gänzlich ungesühnt geblieben, das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen wird anerkannt - das ist die gute Nachricht.

Doch gleichzeitig hat das Tribunal dem Land womöglich einen Bärendienst erwiesen. Eine der großen Hoffnungen war, dass der Gerichtshof einen positiven Einfluss auf das lokale Justizsystem haben würde, das unter der Kontrolle der Regierung steht. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Politik hat erfolgreich mitgemischt. Die Botschaft, die dem Ganzen entspringt, ist fatal. Wenn bei einem von der Uno unterstützten Tribunal so etwas passieren kann, untergräbt dies das Vertrauen in die lokale Justiz nur noch weiter - und diskreditiert die internationale Strafjustiz.

Die Verantwortung dafür können sich auch westliche Staaten wie Frankreich und Japan zuschreiben, die sich gerne mit rechtsstaatlicher Mustergültigkeit schmücken. Sie haben das Tribunal damals entgegen allen Bedenken durchgedrückt. Für Kambodscha mag es zu spät sein - aber es ist wichtig, die Lehren zu ziehen und sich zu überlegen, wie politische Einflussnahme besser verhindert werden kann. Nicht auszuschließen ist nämlich, dass dieses Tribunal einmal als Vorlage dient für eine Kompromisslösung, weil der Gang zum Internationalen Strafgerichtshof - etwa durch eine Blockade im Sicherheitsrat - verwehrt bleibt. (Julia Raabe, DER STANDARD, 8.8.2014)