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Am Samstag demonstrierten Jesiden in Bielefeld.

Foto: Reuters/Rattay

Washington/Bagdad - Trotz des Eingreifens der US-Luftwaffe rechnet US-Präsident Barack Obama nicht mit einer schnellen Beilegung des Konfliktes im Irak. "Ich glaube nicht, dass wir das Problem innerhalb weniger Wochen lösen können", sagte Obama am Samstag bei einer Pressekonferenz vor dem Weißen Haus in Washington. Die Jihadisten drohten unterdessen mit der Hinrichtung hunderter Jesiden im Nordirak.

Der Oberste Befehlshaber der US-Armee bezeichnete den Kampf gegen die Milizen der radikalsunnitischen Truppe "Islamischer Staat" (IS) als "Langzeitprojekt" und bekräftigte erneut, dass er den Einsatz von US-Bodentruppen im Irak ausschließe. "Ich werde keinen bestimmten Zeitplan nennen", sagte Obama auf die Frage einer Journalistin nach der Dauer des US-Militäreinsatzes. "Das wird noch einige Zeit dauern", betonte er.

"Schneller als gedacht"

Obama berichtete, dass bei den US-Luftschlägen erfolgreich Ausrüstung und Waffen der Extremisten zerstört worden sei. Der Vormarsch der Jihadisten sei "schneller als gedacht" gewesen, räumte er ein. Im einem Interview mit der "New York Times" hatte er zuvor betont, er werde "kein Kalifat in Syrien und dem Irak schaffen lassen".

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden bei den Bombardements sowie Angriffen der irakischen Armee und der kurdischen Peshmerga-Kämpfer Dutzende IS-Kämpfer getötet. Obama hatte am Donnerstag gezielte US-Luftanschläge angeordnet, um einen "Völkermord" an den Jesiden zu verhindern.

Dem US-Präsidenten zufolge ist derzeit unklar, wie tausende in das Sinjar-Gebirge geflüchtete Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden dauerhaft in Sicherheit gebracht werden könnten. Die USA prüften mit ihren Verbündeten, wie "sichere Korridore" geschaffen werden könnten. "Darüber müssen wir uns jetzt auf internationaler Ebene verständigen", sagte Obama. Lokalen Medienberichten zufolge konnten Peshmerga-Kämpfer bereits 10.000 Yeziden durch einen Schutzkorridor in Sicherheit bringen.

Obama appellierte erneut an die politischen Vertreter von Schiiten, Sunniten und Kurden in Bagdad, eine Einheitsregierung zu bilden. Nur ein vereinter Irak sei in der Lage, die IS-Kämpfer zu besiegen. "Wir können das nicht für sie erledigen, unser Militär kann es nicht für sie erledigen.

Wie der US-Präsident weiter sagte, haben ihm der britische Regierungschef David Cameron und Frankreichs Präsident Francois Hollande telefonisch Unterstützung bei der humanitären Hilfe für Flüchtlinge im Irak zugesagt. "Wieder einmal ist Amerika stolz, an der Seite seiner engsten Verbündeten und Freunde handeln zu können."

Großbritannien schickte nach Angaben von Entwicklungshilfeministerin Justine Greening zwei Transportflugzeuge mit Hilfsgütern auf die Reise. Darunter seien Trinkwasser, Zelte und Solarzellen unter anderem zum Aufladen von Mobiltelefonen. Der Elysee-Palast berichtete, dass schon in den nächsten Stunden eine erste Lieferung mit Hilfsgütern in die Region geschickt werde.

Die Lage im Konfliktgebiet blieb weiter prekär. In den Dörfern Koya, Hatimiya und Qaboshi drohten IS-Kämpfer laut Augenzeugenberichten vom Samstag damit, 300 yezidische Familien hinzurichten, wenn sie nicht zum Islam konvertieren. Nach UNO-Angaben sind allein seit Montag rund 200.000 Menschen vertrieben worden, rund 40.000 davon aus Kirkuk. Die meisten stammten aus christlichen und yezidischen Dörfern.

Der Grüne Europaabgeordnete Michel Reimon, der sich derzeit in Erbil aufhält, berichtete im Ö1-Mittagsjournal von dramatischen Szenen im Sinjar-Gebirge. Ein Helfer habe ihm geschildert, dass es aufgrund des Massenansturms der Flüchtlinge kaum möglich sei, den mit Hilfsgütern beladenen Hubschrauber zu verlassen. Als die Helfer nach dem Ausladen des Trinkwassers wieder abhoben, hätten sich verzweifelte Menschen außen an den Hubschrauber geklammert. Ein Teil von ihnen sei abgestürzt.

Resolution geplant

Der UN-Sicherheitsrat will die extremistischen Aufständischen des Islamischen Staates finanziell schwächen und vom Zustrom ausländischer Kämpfer abschneiden. Zu diesem Zweck hat Großbritannien dem Gremium den Entwurf einer Resolution vorgelegt, der am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Das Schriftstück sieht die Verurteilung von direktem oder indirektem Handel mit der IS sowie der syrischen Nusra-Front vor und will Verstöße dagegen mit Sanktionen ahnden. Staaten werden dazu aufgefordert, die Namen von Personen oder Organisationen zu nennen, die sie der Unterstützung der Extremisten verdächtigen. Der Entwurf sieht zudem Reiseverbote für die IS-Führung sowie das Einfrieren ihrer Vermögen im Ausland vor.

Die Mitglieder des Sicherheitsrates sprachen am Freitag erstmals über den Entwurf und könnten bereits in der kommenden Woche darüber abstimmen. UN-Diplomaten zufolge schien im Rat weitgehend Einigkeit über die Resolution zu bestehen. Die IS-Extremisten befinden sich schon seit längerem auf einer schwarzen Liste der UN. Deshalb existiert bereits ein Waffen-Embargo gegen die Gruppe und ihre Vermögen sind bereits teilweise eingefroren. Die neue Resolution würde dem Sicherheitsrat das Mandat einräumen, Entscheidungen mit Wirtschaftssanktionen oder mit Militäreinsatz durchzusetzen. Sie sieht jedoch keinen direkten militärischen Einsatz gegen die Extremisten vor. (APA/Reuters, 9.8.2014)