Moskau/Wien - Russlands Importverbot für Lebensmittel aus der EU lässt sich nach Ansicht des früheren Landwirtschaftsministers und EU-Kommissars Franz Fischler (ÖVP) relativ leicht umgehen. "Es steht ja jeder Firma, die zum Beispiel in der Schweiz oder am Balkan sitzt, frei, aus Österreich Produkte zu kaufen und diese dann nach Russland zu exportieren", erklärte Fischler am Samstag im ORF-"Journal zu Gast".
Aber auch wenn der Schaden für die Exporteure geringer ausfallen dürfte als vielfach befürchtet, müsse man "gemeinsam, das heißt europäisch, darüber nachdenken", wie man die durch die Sanktionen entstehende Belastung sinnvoll verteile.
Preisabsprachen
Russland selbst will nach dem Einfuhrverbot für westliche Lebensmittel die befürchteten Preissteigerungen mit Absprachen unterbinden. Das sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Moskau am Sonntag dem Rundfunksender Echo Moskwy.
Ressortchef Nikolai Fjodorow habe bereits mit Vertretern der russischen Lebensmittelbranche über ein mögliches Memorandum gesprochen, mit dem galoppierende Preise abgewehrt werden sollen. "Ein solches Abkommen soll das Gleichgewicht auf dem Markt wahren", sagte der Sprecher. Eine Arbeitsgruppe bereite nun detaillierte Verhandlungen vor.
Warnung von Transitstopp
Moskauer Politiker warnten die Ukraine unterdessen davor, wie angedroht russische Energielieferungen nach Westeuropa zu unterbrechen. "Durch einen Transitstopp würde die nahezu bankrotte Ukraine bis zu drei Milliarden US-Dollar verlieren", sagte der Chef des Energieausschusses der Staatsduma, Iwan Gratschjow.
Für Kritik sorgt indes die Entscheidung der Schweizer Regierung, vorläufig nur mit abgeschwächten Sanktionen auf Russlands Rolle in der Ukraine zu reagieren. Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves verurteilt die Schweizer Haltung und auch die EU-Delegation in Bern zeigt sich unzufrieden.
Laut Ilves muss die Schweiz mit der Kritik leben, "dass sie nur deshalb ihre eigenen Sanktionen erlassen hat, um sich im Bankensektor Vorteile zu verschaffen." Das sei für ihren Ruf in Osteuropa "nicht gerade förderlich".
Schweiz wird für Umgehungsgeschäfte genutzt
Einzig aus Russland kommt positives Feedback, wie Schweizer Medien am Sonntag berichteten. Dass die Schweizer Maßnahmen unwirksam seien, bestätigt Wiktor Borisenko, Chef der russischen Außenwirtschaftsbank Vnesheconombank. Gegenüber der "Sonntagszeitung" sagte er, der Finanzplatz werde zu Umgehungsgeschäften genutzt. Ein Problem stellt das für Borisenko nicht dar, denn die Schweiz "gewinnt an Attraktivität". Sollte der Bundesrat kommenden Mittwoch doch noch härtere Sanktionen beschließen, dann müsse Bern mit "Gegensanktionen rechnen".
Im Schweizer Parlament formiert sich parteiübergreifender Widerstand gegen Sanktionen. So schreibt SVP-Nationalrat Alfred Heer in seinem Vorstoß, dass Sanktionen auch negative Auswirkungen auf schweizerische Unternehmungen hätten.
Selbst aus dem grünen Lager gibt es Kritik. Nationalrat Geri Müller stellt sich gegen Embargo-Pläne. "Eine solche Außenpolitik würde auch nicht zur Schweiz passen", erklärt er. "Wir wollen vermitteln und den Parteien einen Tisch zu Gesprächen anbieten". (APA, 10.8.2014)