Aufnahme der Sonne durch das Weltraumobservatorium SOHO (Solar and Heliospheric Observatory)

Foto: NASA

Melbourne/Dresden – Es ist eine der Urfrage der Astronomie: Wie entstanden die Sonne und das Planetensystem? Bisher wissen wir, dass die Sonne vor ungefähr 4,6 Milliarden Jahren entstand. Nämlich aus einer gigantischen interstellaren Wolke, der so genannten Sonnensystem-Materie, aus Gasen, wie zum Beispiel Helium und Wasserstoff, und Staub aus Eispartikeln und schweren Elementen, wie Eisen, Gold, Silber, Blei und Platin.

Auch der bisherige und zukünftige Lebenslauf der Sonne kann mittlerweile mit Hilfe der Gesetze der Physik und dem Wissen aus kernphysikalischen Prozessen am Computer simuliert werden. Ein internationales Forscherteam untersuchte nun die Entstehungsphase des Sonnensystems und die Ereignisse, die zur Geburt der Sonne geführt haben könnten. Die Ergebnisse wurden aktuell in "Science" veröffentlicht.

Aufschlussreiche Halbwertszeiten

Ein wichtiges Werkzeug bei der Erforschung der Sonnenentstehung ist die Radioaktivität, durch die kosmische Zeiten sehr genau gemessen werden können. Dies ähnelt der Radiokarbon-Datierung in der Archäologie. Wichtig für eine Datierung ist es, radioaktive Isotope zu finden, deren Halbwertszeit in etwa der zu untersuchenden Zeiträume gleicht. So konnte bisher bereits das Alter der Erde, die Entwicklung unseres Sonnensystems und das Alter diverser sehr alter Sterne unserer Galaxie bestimmt werden.

Die Forscher um Maria Lugaro von der australischen Monash University und Kai Zuber vom Institut für Kern- und Teilchenphysik der TU Dresden nutzen das Wissen um den Zerfall von radioaktiven Atomkernen, um genau zu bestimmen, wann die letzten schweren Elemente von Sternen an die präsolare Materie abgegeben wurden. "Wir können nun mit Sicherheit sagen, dass das letzte Prozent aus Gold, Silber und Platin rund 100 Millionen Jahre und das letzte Prozent an Blei und Seltenerdelementen 30 Millionen Jahre vor der Geburt der Sonne von der Sonnensystem-Materie aufgenommen wurde", sagt Zuber. "Wir verwendeten die Daten über schwere radioaktive Kerne, wie zum Beispiel Hafnium, aus Meteoriten, um diesen Zeitpunkt genau zu bestimmen."

Hafnium aus Meteoriten

Das Seltenerdelement Hafnium, das in geringer Konzentration in der kontinentalen Erdkruste zu finden ist, spielt eine wichtige Rolle bei der Datierung des Zeitraums vor der Geburt des Sonnensystems. Hafnium kommt auch in Meteoriten vor, die aus dieser Zeit der Entstehung des Sonnensystems stammen. In diesen Meteoriten befindet sich ein radioaktives Isotop, das 182Hafnium. "Durch unsere Arbeiten – basierend auf neuen kernphysikalischen Daten und gepaart mit modernen Computersimulationen zur Entwicklung von Sternen – konnten wir zeigen, dass radioaktives Hafnium während der präsolaren Phase anders entstanden ist, als man bisher angenommen hat", so Zuber. "So können wir damit auch die zeitlichen Abläufe besser einordnen".

Damit werde eine über Jahrzehnte alte Unstimmigkeit in der Datierung beseitigt. Man wisse nun, dass es nach der letzten Zugabe von schweren Elementen zur Sonnensystem-Materie eine Inkubationszeit gab, in der Sterne, Sonne und Meteoriten gebildet wurden. "Aus unseren neuen Berechnungen geht hervor, dass diese Phase nicht länger als 30 Millionen Jahre gedauert haben kann“, so der Forscher.

Nun arbeitet das Team daran, andere schwere radioaktive Kerne suchen, um ein noch detaillierteres Verständnis für die Vorgeschichte des Sonnensystems zu erhalten und damit die Genauigkeit und Präzision der Zeitabläufe zu verbessern. (red, derStandard.at, 10.8.2014)