Outsourcing einmal anders: Auf erdnahen Asteroiden könnten Edelmetalle abgebaut und Weltraumtankstellen errichtet werden - meinen Unternehmer.

Foto: Planetary Resources

Es klingt wie der Plot eines Science-Fiction-Films: Die Firma Planetary Resources will auf Asteroiden Rohstoffe abbauen und wittert darin ein Milliarden Dollar schweres Geschäft. "Alle Rohstoffe, die auf der Erde knapp sind, gibt es im Weltall in fast unendlicher Menge", sagt Eric Anderson, einer der Mitbegründer von Planetary Resources. "So auch Platin, Palladium, Iridium und viele andere wertvolle Substanzen."

Erst sollen Teleskope in der Erdumlaufbahn diejenigen Asteroiden ausfindig machen, die gut erreichbar sind. Diesen möchte man dann einen Besuch abstatten, um sie genauer zu charakterisieren. Anschließend sollen sie eingefangen und für den Abbau in Erdnähe transportiert werden. Auch das in den Asteroiden gespeicherte Wasser soll genutzt und zum Beispiel in Raketentreibstoff umgewandelt werden. Weltraumtankstellen könnten dann als Stützpunkt für das weitere Vordringen ins All dienen. Ein einziger Asteroid könnte Rohstoffe im Wert von 500 Milliarden Dollar enthalten, schätzt Anderson. Die Kosten des Abbaus sollen aber nur zehn Milliarden Dollar betragen.

Google-Bosse an Bord

So utopisch die Idee auch klingen mag - die illustre Belegschaft lässt annehmen, dass die Sache ernst genommen wird: Mitbegründer Eric Anderson etwa betreibt auch die private Weltraumfahrtgesellschaft Space Adventures, die bereits sieben Personen zur Internationalen Raumstation (ISS) transportiert hat. Unter den Investoren von Planetary Resources befinden sich außerdem Google-Mitbegründer Larry Page sowie Eric Schmidt, ebenfalls Vorstandsmitglied bei Google. Das sind nicht die einzigen Milliardäre im Team: Richard Branson, Eigentümer der Virgin Group, ist unter den Investoren. Das nötige Geld für eine umfangreiche Weltraummission dürfte also vorhanden sein.

Roboter-Kumpel

Auch um das technische Know-how ist es nicht schlecht bestellt. Ehemalige Nasa-Mitarbeiter bringen die nötige Erfahrung mit, um Sonden ins All zu schicken. Dennoch bleiben die Pläne von Planetary Resources eine große Herausforderung. Zwar nähert sich mit der Mission Rosetta nun erstmals eine Raumsonde einem weit entfernten Kometen. Doch Asteroiden einzufangen und Roboter auf ihre Oberfläche zu schicken, um im Weltall vollautomatisch Bergbau zu betreiben - das hat noch nie jemand versucht.

Dafür spricht, dass es auch die staatliche US-Raumfahrtagentur Nasa auf Asteroiden abgesehen hat. Ein geeignetes Exemplar soll innerhalb der nächsten zehn Jahre in die Umlaufbahn des Mondes transportiert werden. Einerseits um zu erproben, wie künftig die Erde vor verheerenden Asteroideneinschlägen geschützt werden könnte, andererseits um ein Sprungbrett für Reisen in die Tiefen des Weltalls bereitzustellen.

Zweifel von Experten

Doch wie gut sind die Chancen, Asteroiden als Rohstofflieferanten zu nutzen? Die Berechnungen von Martin Elvis vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics deuten darauf hin, dass die Umgebung unserer Erde nicht so eine lohnende Goldgrube sein könnte, wie so manche Firma annimmt. Nur einer von 2000 erdnahen Asteroiden sei rentabel, schreibt der Astrophysiker in seiner Studie, die er Anfang des Jahres im Journal "Planetary and Space Science" veröffentlicht hat.

Er kommt darin auf nur etwa zehn erdnahe Asteroiden, die eine ausreichende Menge wertvoller Elemente enthalten könnten, um kommerziellen Rohstoffabbau rentabel zu machen. Auch die brauchbaren wasserreichen Asteroiden, aus denen man Raketentreibstoff herstellen könnte, sind selten: Nur 18 Stück seien in Reichweite, schätzt Elvis. Entscheidend für die Erreichbarkeit ist vor allem die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Erde und Asteroid, denn jede Beschleunigung kostet Treibstoff. Ganz anders sieht das Planetary Resources: 1500 Asteroiden seien genauso leicht zu erreichen wie der Mond, und tausende weitere seien in Reichweite, heißt es.

Problem Antrieb

Dass der Abbau noch in ferner Zukunft liegt, meint auch Akos Bazso, Astronom am Institut für Astrophysik der Universität Wien, der sich in seiner Dissertation mit den Bahnen von Asteroiden beschäftigt. Gemeinsam mit dem Tullner Architekten Werner Grandl hat er sich intensiv mit Prospektion und Bahnänderungen von Asteroiden auseinandergesetzt. "Ich vermute, dass es viele Jahre dauern würde, einen etwa 100 Me- ter großen Asteroiden in eine Erdumlaufbahn zu bringen", sagt er. "Der Fusionsantrieb, der es ermöglichen würde, muss erst entwickelt werden und ist voraussichtlich in den nächsten 20 Jahren noch nicht einsatzbereit." Dieses Problem will die Firma Deep Space Industries umgehen, indem sie plant, Minen vor Ort im Weltall aufzubauen. Nur die puren Rohstoffe sollen zur Erde transportiert werden.

Die Asteroidenjäger von Planetary Resources widmen sich vorerst in der ersten Projektphase der Suche nach geeigneten Asteroiden. Auf der Crowdsourcing-Plattform Topcoder läuft derzeit die Kampagne "Asteroid Data Hunter" in Kooperation mit der Nasa, die die Auswertung bestehender Himmelsaufnahmen effizienter machen soll. Mit der dabei entwickelten Software sollen tausende Fotos analysiert werden, um so viele weitere erdnahe Asteroiden zu finden - auch solche, die eine potenzielle Gefahr für die Erde darstellen könnten.

"Space-Selfies"

Noch in Bau befindet sich das erste Weltraumteleskop von Planetary Resources, das Asteroiden aufspüren soll. Derzeit erfüllt es allerdings profanere Zwecke. Finanziert wurde es nämlich durch private Unterstützer, die auf der Plattform Kickstarter mehr als 1,5 Millionen Dollar spendierten. Allen, die mehr als 25 Dollar bezahlt haben, winkte als Gegenleistung ein sogenanntes Space-Selfie. Dazu wurde ein auf der Erde aufgenommenes Selbstporträt von einer am Teleskop montierten Kamera fotografiert - mit der Erde als Hintergrund.

Sonden-Schwarm zur Erkundung

Noch in diesem Jahr soll das Teleskop mit dem Namen A3 laut Angaben von Planetary Resources fertiggestellt und in eine Umlaufbahn gebracht werden. Ob es allerdings tatsächlich neue Asteroiden findet, wird sich erst zeigen. Bazso ist eher pessimistisch: "Es gibt von der Erde aus viele automatische Himmelsdurchmusterungen mit größeren Teleskopen. Ob ein 20 bis 30 Zentimeter kleines Teleskop im Orbit da eine Hilfe ist, ist fraglich." Mit Interesse erwartet er aber die Sonden, die in Phase zwei zum Einsatz kommen sollen. "Ein Schwarm von Raumsonden, die zu so einem Objekt hinfliegen und es genau untersuchen, würde sehr wertvolle Daten für die Wissenschaft liefern."

Generell wären für Astronomen alle Daten, die im Laufe des Rohstoffabbaus gewonnen werden, interessant. "Ich hoffe sehr, dass diese Firmen ihre Ergebnisse veröffentlichen werden, zum Beispiel auch die von den Asteroiden, die sich zur Rohstoffgewinnung nicht eignen. Man könnte damit mehr über die Entstehung des Sonnensystems herausfinden", sagt Bazso. Ob Planetary Resources ihre gewonnenen Informationen tatsächlich der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen wird, ist noch unbekannt. Eine entsprechende Anfrage an das Unternehmen blieb unbeantwortet. (Elisabeth Guggenberger, DER STANDARD, 13.8.2014)