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Jürgen Fitschen droht ein Prozess.

Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach

Berlin - Eigentlich sollte das für die Deutsche Bank unangenehme Kapitel Leo Kirch längst abgeschlossen sein. Im Februar hatte Deutschlands größtes Geldhaus den Erben des 2011 verstorbenen Medienmoguls 925 Millionen Euro an Schadenersatz gezahlt und mit diesem Vergleich einen jahrelangen Rechtsstreit beendet.

Doch jetzt stellt sich heraus: Die Angelegenheit ist immer noch nicht vorbei. Denn nun erhebt die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Jürgen Fitschen, der seit 2012 mit Anshu Jain die Deutsche Bank führt. Der Vorwurf: Prozessbetrug.

Und es geht wieder um den Umgang der Deutschen Bank mit Kirch. Dieser war in den letzten zehn Jahren seines Lebens überzeugt: Rolf Breuer, 2002 Chef der Deutschen Bank, hat sein Lebenswerk zerstört, weil er in einem TV-Interview Kirchs Kreditwürdigkeit öffentlich angezweifelt hatte, - woraufhin die Gläubiger Kirch fallenließen und er Insolvenz anmelden musste.

Im Prozess, den Kirch gegen die Bank angestrebt hatte und der dann im Februar mit der Zahlung der 925 Millionen Euro endete, hatte auch Fitschen ausgesagt. Die Staatsanwaltschaft in München ist überzeugt, dass er dabei nicht die Wahrheit gesagt hat.

Sie beruft sich auf ein Urteil, das das Oberlandesgericht München kurz vor Weihnachten 2012 fällte. Darin legte der Richter zunächst einmal fest, dass den Erben Kirchs Schadenersatz generell zustehe, und machte zugleich deutlich, dass die Deutsche Bank im Kirch-Prozess versucht habe, die Zahlung von Schadenersatz abzuwenden, indem sie falsche Angaben machte. Fitschens Aussage nannte das Gericht damals "schlicht inkonsistent".

Fitschen, sein Vorgänger Josef Ackermann, dessen Vorgänger Josef Breuer und ein weiterer ehemaliger Vorstand sollen sich dabei abgesprochen haben. Daher will die Münchener Staatsanwaltschaft sie nun alle vor Gericht bringen.

Ob es dazu kommt, hängt nun von einem Richter ab, des- sen Bekanntheitsgrad in Deutschland vorige Woche sprunghaft angestiegen ist. Er heißt Peter Noll und war Vorsitzender Richter im Schmiergeldprozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. Dessen Verfahren wegen des Verdachts der Bestechung eines Bankers der Bayerischen Landesbank wurde gegen Zahlung von 75 Millionen Euro eingestellt.

Richter Noll muss zunächst die 600 Seiten dicke Akte über die Deutsche Bank durchackern, dann wird über die Anklage entschieden. Das kann allerdings noch monatelang dauern. Der 65-jährige Fitschen, dessen Vertrag noch bis 2017 läuft, weist alle Vorwürfe zurück. Freikaufen möchte er sich nach übereinstimmenden Medienberichten nicht. Er hat das Angebot der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen eine Zahlung von 500.000 Euro einzustellen, abgelehnt. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 13.8.2014)