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Ländliche Idylle, wie sie Agrarpolitiker gern zeichnen: Die EU schaute die heimischen Programme aber genauer an und fand einige irritierende Abweichungen - Rupprechter muss sie klären.

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Wien - 27 Seiten und drei Deckblätter hat der Brief, den Landwirtschafts- und Umweltminister Andrä Rupprechter am 5. August bekommen hat. Absender: das Generalsekretariat der Europäischen Kommission. Der Betreff klingt harmlos: "Anmerkungen der Kommission zum Entwicklungsprogramm Österreichs für den ländlichen Raum 2014-2020."

Tatsächlich sind diese "Anmerkungen" aber eine Abrechnung mit der österreichischen Umweltpolitik im Agrarbereich und mit der Budgetpolitik der Koalition.

Gleich die erste von 176 Anmerkungen kritisiert, dass Rupprechters Ministerium der EU zu wenige Informationen zur strategischen Umweltprüfung übermittelt hat - und das bedeutet, dass die Mitfinanzierung von Projekten der ländlichen Entwicklung (ELER) durch die EU nicht zugesagt werden kann.

Rupprechter verspricht Infos

Im Ministerium nimmt man das bisher locker: "Zur Genehmigung des im April eingereichten Programmes müssen noch Details abgestimmt werden. Wir werden einen offenen Dialog mit der Europäischen Kommission führen und die geforderten Informationen bereitstellen", heißt es aus dem Büro Rupprechters.

Tatsächlich müsste bis Ende September alles ausgeräumt sein, damit die Kofinanzierung der EU für die ländliche Entwicklung auch ab 2015 gesichert ist. Das Problem dabei: Die Agrar-Umweltprogramme sind mit dem Doppelbudget bereits zahlenmäßig beschlossen - Rupprechter hat also relativ wenig Spielraum.

Jetzt geht es aber gerade an die Budgetzahlen. In Anmerkung 160 wird das bisherige Umwelt-Engagement in der Regional- und Landwirtschaftspolitik ausdrücklich gelobt: "Das österreichische Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums ist eines der ländlichen Entwicklungsprogramme mit den höchsten Ausgaben für Umwelt- und klimapolitische Prioritäten. Mit diesem Programm erfüllt Österreich klar das Erfordernis, mindestens 30 Prozent der Ausgaben für Umwelt- und Klimaziele bereitzuhalten. Auf der Grundlage der Zahlen im Kapitel 10 sinken für den Zeitraum 2014-2020 jedoch die ELER-Mittel für Umwelt/Klima im Vergleich zu 2007-2013 in absoluten und in relativen Zahlen."

Die EU rechnet vor, dass in der vergangenen Periode 73 Prozent (2,9 Milliarden Euro von insgesamt 4,0 Mrd. Euro) umweltrelevant budgetiert waren - künftig werden es aber nur 2,5 von 3,9 Milliarden sein, was einer Absenkung auf 65 Prozent entspricht und EU-rechtlich verboten ist.

In der EU gilt nämlich das in Verordnung Nr. 1305/2013 verankerte Prinzip, dass Mitgliedsstaaten ihre Mittel für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen nicht senken dürfen.

Detaillierte Kritik

Die Kritik macht sich aber nicht nur an den Globalzahlen fest, sondern geht auch ganz detailliert auf einzelne geplante Förderungen ein und die Formulierung der Förderungsvoraussetzungen ein, etwa wenn es um die Förderung von Aufforstungen geht: "Im Rahmen der forstwirtschaftlichen Maßnahmen zur Förderung einer "natürlichen Baumartenzusammensetzung" wären auch nichtheimische Baumarten förderfähig (z. B. Douglasie). Zur Klarstellung bitten wir, den Begriff 'natürliche Baumartenzusammensetzung' durch 'standortsheimische Baumartenzusammensetzung' zu ersetzen."

Gravierender aber erscheint die grundsätzliche Kritik. In Anmerkung 13 wird das gesamte ÖPUL-Programm infrage gestellt: "Es lässt sich nur schwer nachvollziehen, warum eine kontinuierlich hohe finanzielle Förderung für den Umweltbereich (wie sie seit mehreren Programmplanungszeiträumen praktiziert wird) und eine hohe Inanspruchnahme seitens der Landwirte zu keiner konkreten Verbesserung der Umweltqualität führt. Es stellt sich die Frage, ob die Gestaltung der Maßnahmen dem Anforderungsgrad angemessen ist und ob die Maßnahmen effizient genug sind."

Der Verdacht der EU: Es würden unter dem Titel Umweltschutz Förderungen ausgeschüttet, die kaum umweltrelevant sind.

Dem ließe sich entgegenhalten, dass Österreichs Landwirtschaft im internationalen Vergleich ohnehin schon sehr umweltschonend agiere und einen hohen Bioanteil hat. Aber das ist in den Erwägungen der Kommission bereits berücksichtigt, sie kritisiert: "Angesichts der Tatsache, dass Österreich innerhalb der EU einer der Wegbereiter für ökologische/biologische Landwirtschaft ist, ist es bemerkenswert, dass keinerlei Förderung für die Umstellung von konventioneller auf ökologische/biologische Landwirtschaft vorgesehen ist."

Zweifel am Biolandbau

Gleichzeitig werden auch die Statistiken angezweifelt: Österreich meldete im Jahr 2010 353.100 Hektar als ökologisch bewirtschaftet und weitere 48.010 Hektar als Flächen in Umstellung von konventionell auf ökologisch. Eine Swot-Analyse, die Österreichs Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen untersucht, wies aber für das 2012 schon 533.230 Hektar Bio-Fläche aus. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 13.8.2014)