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Mit Botschaften auf T-Shirts und Transparenten fordern Bewohner der Kleinstadt Ferguson die Aufklärung des Todes des 18-jährigen Michael Brown. Die Polizei will den Namen des Polizisten, der geschossen hat, nicht veröffentlichen.

Foto: REUTERS/Mario Anzuoni

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Polizeieinsatz in Ferguson.

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Ferguson/Wien - Mittwochfrüh fielen in der US-Kleinstadt Ferguson abermals Schüsse. Ein Polizist verletzte einen maskierten Mann schwer, der eine Waffe auf die Beamten gerichtet haben soll. Der Vorfall geschah unweit der St.-Mark-Kirche, wo am Vorabend Reverend Al Sharpton zu einer Versammlung eingeladen hatte. Er will die Bevölkerung beruhigen, die nach dem Tod des 18-jährigen Michael Brown aufgebracht ist.

Der schwarze Jugendliche wurde am vergangenen Samstag von einem Polizisten mit mehreren Schüssen auf offener Straße in Ferguson erschossen. Laut Polizeiangaben wollte Brown dem Polizisten die Waffe entreißen - Augenzeugen berichten, dass der unbewaffnete junge Mann seine Hände in die Luft gehoben hatte, um sich dem Beamten zu ergeben.

Name des Polizisten gefordert

Mittlerweile gehen die Bewohner der Kleinstadt nahe St. Louis im Bundesstaat Missouri bereits den vierten Tag auf die Straße. Bei der Versammlung in der Kirche forderte die Menge vor allem die Veröffentlichung des Namens des Polizisten, der geschossen hatte.

Polizeichef Thomas Jackson weigert sich aber, die Identität des Beamten herauszugeben. Er argumentiert im Gespräch mit den Medien, dass durch Morddrohungen in sozialen Netzwerken die Sicherheit des Polizisten gefährdet sei und man seine Familie und ihn selbst schützen müsse. Er wurde beurlaubt. Nun überlegt der Anwalt der Familie Brown, Benjamin Crump, die Polizei auf Veröffentlichung des Namens zu klagen. Crump hatte bereits im Jahr 2012 die Familie von Trayvon Martin vertreten. Der schwarze Jugendliche war von einem Angehörigen der Bürgerwehr erschossen worden.

In den ersten beiden Nächten nach der Tat kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Es wurden Auslagen eingeschlagen, Polizisten mit Steinen attackiert, und Einsatzkräfte gingen mit Tränengas und Gummigeschoßen auf die Demonstranten los. Auf Amateurvideos ist ein Beamter zu sehen, der die schwarzen Protestierenden als "Tiere" bezeichnet und sie auffordert, doch auf ihn loszugehen. Mittlerweile wurden die Demonstrationen allerdings friedlicher.

Mit erhobenen Händen - der Geste, die Michael Brown dem Polizisten vor seinem Tod gezeigt haben soll - marschieren die Bewohner Fergusons auf die Polizisten in schwerer Schutzausrüstung zu. Die Botschaften auf ihren T-Shirts und Transparenten fordern die Aufklärung der Tat.

Obama fordert Ruhe in Stadt

Ein offiziell verhängtes Flugverbot über der Kleinstadt soll laut lokalen Medien wieder aufgehoben worden sein. US-Präsident Barack Obama forderte Ruhe in der Stadt. Er bezeichnete den Tod von Michael Brown als "herzzerreißend", fügte aber hinzu, dass die Bürger der Stadt "diesen jungen Mann durch Reflexion und Verständnis" ehren sollten.

Ferguson hat eine lange Geschichte von Rassenteilung und -problemen, wie ein Kommentar in der New York Times belegt. Bis in die späten 1940er-Jahre war es Afroamerikanern verboten, in die Vorstädte rund um St. Louis zu ziehen, und auch noch in den 1950ern und 1960ern war es ihnen untersagt, in bestimmten Zonen der Stadt zu leben. Als die schwarze Bevölkerung in den 1970er- und 1980er-Jahren schließlich die Großstadt verließ, flüchteten die weißen Bewohner - bis heute. Waren im Jahr 1980 noch 85 Prozent aller Bewohner weiß, waren es im Jahr 2010 nur noch 29 Prozent.

Nur drei schwarze Polizisten

Eine Studie des Justizministeriums des Bundesstaates Missouri zeigt, dass heute 67 Prozent der rund 21.000 Bewohner von Ferguson schwarz sind und gleichzeitig 86 Prozent aller aufgehaltenen Autofahrer ausmachen. In der Statistik der Verkehrskontrollen, die mit einer Verhaftung enden, machen sie sogar 92 Prozent aller Fälle aus.

Gleichzeitig haben nur drei von insgesamt 53 Polizeibeamten in der Stadt schwarze Hautfarbe. (Bianca Blei, DER STANDARD, 14.8.2014)