Es gehört zu den gern gepflegten politischen Mythen dieser Republik, dass es in Österreich eine besonders gute Familienförderung gebe. Wahr ist: Es gibt recht anständige Finanzspritzen für Eltern, die Kinder großziehen. Wahr ist aber auch: Um das Geld können sich die Eltern nicht kaufen, was pädagogisch sinnvoll wäre. Und schon gar nicht entfaltet das Geld jene gesellschaftsverändernden Wirkungen, derentwegen es die Politik, mehr oder weniger eingestanden, ausschüttet.

Denn Familienförderung hat - neben dem Ausgleich der Belastungen, die Eltern im Vergleich zu Menschen ohne Kinder zu tragen haben - immer auch ein bevölkerungspolitisches Element: Der Staat will, dass möglichst viele junge Bürger heranwachsen, damit nicht nur Alte und sehr Alte in diesem Land leben. Und er will, dass diese jungen Bürger alle Chancen haben - und daher gute Bildung womöglich schon im Kleinkindesalter, jedenfalls aber in der schulischen Laufbahn; weil das die individuellen Lebens- und Einkommenschancen erhöht und die Wahrscheinlichkeit, dass es der Wirtschaft und dem Staat als Gesamtheit auch in einer noch fernen Zukunft immer besser geht.

Und das bringt Österreich derzeit nicht sehr gut zuwege:

Neue Studien, zuletzt vom Wifo, belegen, was auch die älteren Studien nahegelegt haben - dass nämlich die Geldleistungen teilweise verpuffen und sogar kontraproduktiv wirken können. Es gibt ja Eltern, die lieber die Kinder daheimbehalten und die Beihilfe als Einkommensbestandteil betrachten, ohne ihnen (etwa durch Vorlesen) irgendeine Bildung zu vermitteln. Da wäre es besser, wenn diese Eltern arbeiten gingen und die Kinder in professionelle Betreuung geben würden - falls diese vorhanden wäre.

Ist sie aber nicht. Trotz großer Anstrengungen in den letzten Jahren (und in 20 Jahren um ein Fünftel geschrumpfter Geburtenjahrgänge, was nebenbei das Versagen der bisherigen Förderung belegt) gibt es noch immer nicht für alle Eltern, die ihren Nachwuchs in außerhäusliche Bildungseinrichtungen geben wollen, entsprechende Angebote, solche müssten von der öffentlichen Hand erst geschaffen werden. Um andere Betreuung - durch Kindermädchen, Tagesmütter, selbstverwaltete Kindergruppen - selbst zu finanzieren, fehlen andererseits die steuerlichen Anreize. Man muss also beides machen: Eltern Geld zukommen lassen und ihnen Betreuungsangebote machen - Vorrang muss dabei aber das Ziel haben, Kleinkindern Bildung zu ermöglichen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 14.8.2014)