Wien - Österreich gegen Deutschland, der Vergleich hinkt fast immer. Zu feiern gibt es nie viel. Die 64:77-(35:33)-Niederlage im zweiten Gruppenspiel der EM-Qualifikation für die EuroBasket 2015 sollte keine Ausnahme machen. Obwohl, irgendwie doch.
Die Kicker gewinnen keinen Blumentopf gegen unseren Nachbarn, ließen sich in den vergangenen Jahren fast ausnahmslos schwer bedienen. Das letzte größere Ausrufezeichen setzten unsere Eishackler. Im direkten Duell wurde Deutschland vor Sotschi das Olympia-Ticket weggeschnappt.
Immerhin, die Größenverhältnisse passen auch unter den Körben. 200.000 Basketballer gegen 20.000 Basketballer insgesamt. Quizfrage: Wie viele Zweimetermänner finden sich in Deutschland und wie viele hinter dem Alpenhauptkamm?
Murati besser als jede Zigarette
Die brutalen Höhenunterschiede wurden erst auf der Zielgeraden deutlich, das Endergebnis entspricht nicht dem Spielverlauf. Klingt komisch, ist aber so. Im ersten Viertel (14:19) durfte Österreich sofort mit den Deutschen unter den Körben raufen, mit 25-Prozent-Wurfquote vom Dreier tut man sich gegen jeden Gegner schwer. Österreichs Parade-Center Rasid Mahalbasic wurde unter den Körben von laufend wechselnden Verteidigern abgeklopft.
Im zweiten Viertel war es dann der eingebürgerte Serbe Enis Murati, der einen Dreierregen auf die Deutschen niedergehen ließ und die fast 3.000 Zuschauer im ausverkauften Multiversum in Schwechat schwer entzückte. Halbzeitstand: 35:33.
Deutschland, das ist nicht mehr diese ausgebuffte Truppe um NBA-Champion Dirk Nowitzki, Chris Kaman oder Shawn Bradley. Dieses Deutschland ist verwundbar. Und Murati legte den Finger weiter und weiter in die Wunde des Nachbarn, traf aus allen Lagen. Die Deutschen wurden nervös, legten sogar ein paar Schwalben (der Basketball-Fachterminus ist "Flopping") hin und wurden von den Schiris dafür auch bestraft.
Wie bei Otto Wanz
Unter dem Korb ging es teilweise so intensiv zu wie seinerzeit beim Catchen am Heumarkt. Die deutsche Defense verstärkte den Druck, Österreich gab aber nicht klein bei. Mit einem Acht-Punkte-Vorsprung ging es ins brenzlige letzte Viertel.
35 Minuten hatte Österreich alles unter Kontrolle, über die letzten vier Minuten sollte der mentale Mantel des Schweigens gelegt werden. Mit schlimmen Ballverlusten und schlechten Entscheidungen in der Offensive wurden die Deutschen eingeladen, sich den Auswärtssieg doch noch zu holen. Festzuhalten ist: Österreich führte fünf Minuten und 30 Sekunden vor der Schlusssirene mit 64:56. Danach gelang Rot-Weiß-Rot kein Korb mehr, bei Deutschland fiel jeder Ball rein, der sich in die Luft verabschiedete. Ein 0:21-Lauf.
Nationalteam-Trainer Werner Sallomon: "Meine Spieler waren am Ende k.o. Wir haben nicht die Tiefe auf der Bank, dass wir beliebig wechseln können. Das ist das Problem des österreichischen Basketballs. Ich glaube nicht, dass wir Angst vor dem Gewinnen hatten." Deutschlands Kapitän Heiko Schaffartzik: "Österreich war sehr stark, das muss man einfach mal akzeptieren. Wir haben erst am Ende den Kampf angenommen."
Im Fußball kann man ein Ergebnis verwalten. Im Basketball nicht.
Ein Satz der, der irgendwann einmal nicht mehr geschrieben werden soll: Am Ende gewinnen (immer) wieder die Deutschen. (Florian Vetter, derStandard.at, 13.8.2014)
Ergebnisse vom zweiten Spieltag der Basketball-EM-Qualifikation - Gruppe C:
Österreich - Deutschland 64:77 (35:33) Schwechat, 2.500 Zuschauer.
Beste ÖBV-Werfer: Murati 27, Mahalbasic 14
Luxemburg - Polen 61:113 (27:49)
Tabelle Gruppe C:
Polen (4 Punkte/2 Spiele) vor Deutschland und Österreich (je 3/2) sowie Luxemburg (2/2)
Nächste Spiele (Sonntag, 17. August): Österreich - Polen (20.20 Uhr), Deutschland - Luxemburg (19.00 Uhr)
Modus: 26 Nationen kämpfen um 13 Plätze, die für EuroBasket 2015 noch zu vergeben sind. Die Qualifikation wird in fünf Vierer- und zwei Dreiergruppen gespielt. Die sieben Pool-Sieger und die sechs besten Zweitplatzierten erreichen das Endturnier. Bereits qualifiziert sind Titelverteidiger Frankreich, Vize-Europameister Litauen, weiters Spanien, Kroatien, Slowenien, die Ukraine, Serbien, Finnland, Griechenland und die Türkei, die alle auch bei der Weltmeisterschaft 2014 (30. August bis 14. September in Spanien) an den Start gehen, sowie Estland, das sich im vergangenen Sommer in der ersten Qualifikationsphase das Ticket gesichert hat.