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Manche Stimmen bleiben eher im Gedächtnis als andere. Offenbar werden sie im Gehirn anders verarbeitet.

Foto: Reuters/HEINZ-PETER BADER

Jena - Eine Stimme ist mitunter aussagekräftiger als Gesagtes: Denn die Stimme eines Menschen, hoch oder tief, piepsig oder rauchig, ist so individuell wie der Fingerabdruck. Zwar vermischt sich der Eindruck einer Stimme mit den Sprachinformationen, also beispielsweise dem Inhalt des Gesagten und dem Dialekt. Aber selbst der reine Klang einer Stimme verrät vieles über eine Person, etwa über die Persönlichkeit, das Alter, das Geschlecht, die Stimmung und die Identität.

Unterschiedliche Verarbeitung

Neuropsychologen der Universität Jena konnten nun Gedächtnisspuren für das Wiedererkennen von Stimmen nachweisen: Die Forscher spielten Probanden unbekannte Stimmen vor und untersuchten die Gehirnaktivität mittels Elektroenzephalografie (EEG). Hörten die Testpersonen eine Stimme, an die sich sich später erinnern konnten, veränderte sich das EEG-Muster - für die Forscher ein Hinweis darauf, dass das Gehirn leicht zu merkende Stimmen anders verarbeitet als Stimmen, die schnell wieder in Vergessenheit geraten. Warum jedoch manche Stimmen eher im Gedächtnis bleiben als andere, sei noch zu untersuchen, so die Forscher.

Stimmen von vertrauten Personen lassen sich jedenfalls leicht wiedererkennen. "Da reicht manchmal schon ein kurzes Räuspern oder Lachen", sagt die Neuropsychologin Romi Zäske. Doch Zäske und ihre Kollegen konnten nun zeigen, dass Menschen auch in der Lage sind, sich an eine Stimme zu erinnern, selbst wenn sie diese kaum kennen. Wie sie aktuell im Fachblatt "Journal of Neuroscience" berichten, unterscheide das Gehirn zudem zwischen leicht zu merkenden Stimmen und solchen, die schnell wieder in Vergessenheit geraten.

Inhalt nebensächlich

Für die Studie haben die Jenaer Forscher zunächst 48 Personen mehrere kurze Sätze einsprechen lassen und diese anschließend 24 weiteren Testpersonen vorgespielt. Diese Lernphase wiederholten die Forscher, bis die Probanden insgesamt sechs Stimmen jeweils zwölfmal gehört hatten. In den Testphasen bekamen sie wiederum mehrere Stimmen zu hören - sowohl neue, als auch bereits aus der Lernphase bekannte Stimmen, und sowohl mit denselben, als auch mit unbekannten gesprochenen Sätzen.

"Die Probanden waren erstaunlich gut in der Lage, die ihnen bekannten Stimmen von den fremden zu unterscheiden, obwohl sie von diesen zuvor nur wenige kurze Sätze gehört hatten", so Zäske. Dabei konnten sie die Sprecher auch dann wiedererkennen, wenn das in der Lern- und Testphase Gesagte voneinander abwich. Daher handle es sich dabei nicht um die einfache Wiedererkennung eines bestimmten Reizes, sondern um echte Stimmenerkennung unabhängig vom gesagten Inhalt.

Gedächtnisspur auf Abruf

Während der Testvorgänge zeichneten die Wissenschaftler die Gehirnaktivität der Testpersonen mittels Elektroenzephalografie (EEG) auf. Dabei zeigte sich: Gelernte und später wiedererkannte Stimmen verarbeitet das Gehirn anders als solche, die wieder vergessen werden - und das ebenfalls unabhängig vom Inhalt der Äußerungen. Denn sobald die Testpersonen eine Stimme hörten, an die sie sich später erinnern konnten, veränderte sich das Muster der EEG-Messungen - für die Forscher ein Hinweis für eine veränderte Hirnaktivität.

"Das Gehirn legt bereits in der Lernphase für bestimmte Stimmen eine Gedächtnisspur an. Diese wird später wieder aktiviert, die Stimme erfolgreich aus dem episodischen Gedächtnis abgerufen und damit als bekannt identifiziert", erläutert Zäske. Diesen Effekt haben Forscher bereits für das Lernen und Wiedererkennen von Gesichtern und Wörtern beobachtet. "Doch das ist das erste Mal, dass wir solche Gedächtnisspuren auch für das Lernen von Stimmen nachweisen konnten", so Stefan Schweinberger, Ko-Autor der aktuellen Studie. (red, derStandard.at, 14.8.2014)