Die Sonde "Stardust" auf dem Weg durchs All: Der ausgeklappte "Staubfänger" ist auf dieser Illustration deutlich zu sehen.

Illu: Westphal et al./Science

Der Pfeil deutet auf ein Teilchen, das die Sonde Stardust aufgefangen hat (links). Daneben eine vergrößerte Aufnahme der Einschlagstelle.

Foto: Westphal et al./Science

Röntgenfluoreszenz eines der Staubteilchen: Violett: Aluminium; Grün: Eisen; Blau: Magnesium

Foto: Anna Butterworth

Berkeley/Mainz - Der Raum zwischen den Sternen ist nicht leer, sondern angefüllt mit interstellarer Materie - Gas und Staubkörnchen. Nun konnten Forscher erstmals Partikel untersuchen, die aus dem Raum außerhalb unseres Sonnensystems stammen. Die Analyse von insgesamt sieben solcher Teilchen zeigt, dass der interstellare Staub vielfältiger ist als bisher angenommen, wie ein Forscherteam um Andrew Westphal von der University of California in Berkeley und Peter Hoppe vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz im Fachblatt "Science" berichten.

Die Proben hatte die 1999 gestartete Sonde "Stardust" 2006 zur Erde gebracht. Neben Kometenstaub sammelte die Sonde kleinste Mengen an Material aus dem riesigen Raum zwischen den Sternen. Wissenschaftlich bedeutsam ist dieser interstellare Staub aus mehreren Gründen: Er bricht das Licht von Sternen und lässt so Rückschlüsse auf die Größe des Universums zu. Außerdem liefert er das Rohmaterial für die Bildung von Sternen und Planeten und dient als Katalysator für die Entstehung von Molekülen.

Kristalline Strukturen

"Es ist das erste Mal, dass wir neuzeitlichen interstellaren Staub auf der Erde untersuchen konnten", sagt Koautor Peter Hoppe. Der Begriff "neuzeitlich" ist für den Astrophysiker dabei relativ, da die durchschnittliche Lebensdauer eines Staubteilchens im interstellaren Raum bei etwa 500 Millionen Jahren liegt - im Vergleich zu unserem 4,6 Milliarden Jahre alten Sonnensystem durchaus eine kurze Zeitspanne.

Die nähere Analyse der sieben Partikel mit einer Gesamtmasse von wenigen Pikogramm überraschte die Forscher: Entgegen aller Vorhersagen waren zwei der Staubkörper kristallin und nicht amorph, also ohne geordnete Struktur der Atome. Eine kristalline Struktur hatten die Forscher jedoch bei höchstens zwei Prozent des Staubs erwartet: Nach bisherigen Theorien wird nämlich ein Großteil der kristallinen Körner im interstellaren Raum durch hochenergetische kosmische Strahlung und Schockwellen zerstört oder in amorphen Staub umgewandelt.

Staubfänger im All

"Wir haben festgestellt, dass die Größe, die elementare Zusammensetzung und die Struktur der Partikel extrem unterschiedlich sind. Das hatten wir nicht erwartet", so der Mainzer Forscher. Allein diese Erkenntnis ist ein großer Erfolg, wenn man bedenkt, wie schwierig die Suche nach den Teilchen war.

Um die Partikel einzusammeln, war die Stardust-Sonde mit einem speziellen Partikelsammler unterwegs: Auf der Sondenoberseite ragte ein tennisschlägergroßes rundes Gitter ins Weltall, das die Staubkörner auf der Oberfläche auffing. Die Streben des Gitters waren dabei mit einer Folie umwickelt. In den Zwischenräumen befand sich ein speziell entwickelter Glasschaum, der die Partikel beim Auftreffen bremste und somit ihre Struktur erhielt.

Schwierige Suche auf der Erde

Zurück auf der Erde, war das Aufspüren der Staubpartikel eine schier unlösbare Aufgabe, da der Staubfänger Mikrometer für Mikrometer nach Einschlägen abgesucht werden musste. Das entspricht einer Analyse von mehr als 1,5 Millionen Bildern des Glasschaums. Die Forscher wandten sich daher in einer bisher einzigartigen Aktion an die Öffentlichkeit und stellten die Fotos auf eine Webseite.

Ihrem Aufruf "Stardust@home" folgten Tausende Helfer rund um den Globus und analysierten die Bilder anhand einer genauen Anleitung. Mit Erfolg: Insgesamt wurden die Freiwilligen dreimal fündig, vier weitere Teilchen wurden durch die am Projekt beteiligten 66 Wissenschafter identifiziert.

Noch ist die Oberfläche des Stardust-Staubfängers bei weitem nicht vollständig abgesucht. Die Forscher erwarten, dass noch mehr als ein Dutzend interstellare Staubpartikel ermittelt werden können - und weitere Einblicke in die Entstehung unseres Sonnensystems ermöglichen. (red, derStandard.at, 14.8.2014)