Bild nicht mehr verfügbar.

Nuri al-Maliki gibt auf.

Foto: AP/Mizban

Bagdad - Nach monatelangem Machtkampf hat sich Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki dem Druck aus dem In- und Ausland gebeugt und seinen Rücktritt erklärt. Maliki gab am Donnerstagabend den Verzicht auf eine dritte Amtszeit bekannt und kündigte seine Unterstützung für den designierten Nachfolger Haider al-Abadi an. Damit ebnete der schiitische Politiker den Weg für die Bildung einer neuen Regierungskoalition, die alle Volksgruppen im Kampf gegen die sunnitische Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) einen soll.

Maliki wird vorgeworfen, die Sunniten im Land benachteiligt und damit dem Vormarsch der IS den Boden bereitet zu haben. Die USA begrüßten den Schritt. Präsident Barack Obama hatte auf einen Rücktritt Malikis gedrungen und eine umfangreichere Militärhilfe von einer handlungsfähigen Regierung in Bagdad abhängig gemacht.

Keine Regierungsmehrheit

Er wolle mit seinem Rückzug den Weg zur Bildung einer neuen Regierung zugunsten Abadis frei machen, sagte Maliki bei einem gemeinsamen Auftritt mit Abadi im irakischen Fernsehen. Während seiner achtjährigen Regierungszeit hatte er die anderen großen Bevölkerungsgruppen des Landes - die Sunniten und die Kurden - gegen sich aufgebracht. Zwar wurde sein Schiiten-Bündnis bei der Parlamentswahl im April wieder stärkste Kraft. Ohne die Unterstützung anderer schiitischer Gruppen sowie der Sunniten und der Kurden konnte er jedoch keine Regierungsmehrheit zustande bringen.

Der Machtkampf hatte den Irak an den Rand einer Verfassungskrise gebracht: Das Oberste Gericht stellte sich hinter Maliki, während Präsident Fuad Massum hingegen Abadi nominierte. Maliki ließ während des Streits zeitweilig Panzer auffahren. Zuletzt wurde der Druck auf ihn aber immer größer. Der Iran als Schutzmacht der Schiiten stellte sich hinter Abadi und am Mittwoch wandte sich auch seine eigene Dawa-Partei von Maliki ab.

USA und UN-Generalsekretär begrüßen Rücktritt

Die US-Regierung lobte die Entscheidung Malikis. "Dies sind ermutigende Entwicklungen, die uns hoffen lassen, dass der Irak einen neuen Weg einschlägt und sein Volk im Kampf gegen die Bedrohung durch den Islamischen Staat vereint", sagte die nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice. Außenminister John Kerry sprach von einem "wichtigen und ehrenhaften" Schritt. Die USA seien bereit, eine neue Regierung, die alle Volksgruppen einbeziehe, im Kampf gegen die Islamisten zu unterstützen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte den Rücktritt Malikis als wichtigen Schritt für ein Ende der Regierungskrise. Zwar ist Abadi auch ein Schiit. Er gilt jedoch als moderater und weniger polarisierend als Maliki und soll die Volksgruppen aussöhnen.

Belagerung durchbrochen

Obama erklärte, das US-Militär habe mit seinen Luftangriffen und Versorgungsflügen die Belagerung des Sindschar-Gebirges durch die Islamisten aufbrechen können. Dadurch hätten zahlreiche Menschen, die dort vor der IS-Miliz Zuflucht gesucht hatten, sich in Sicherheit bringen können. Ein Evakuierungseinsatz sei deswegen wohl nicht mehr nötig. Deutschland startet am noch Freitagmorgen Hilfsflüge für die Zehntausende Flüchtlinge im Nordirak. Insgesamt vier Maschinen mit Hilfsgütern wie Medikamenten, Lebensmitteln und Decken sollten vom Fliegerhorst Hohn in Schleswig-Holstein nach Erbil im Nordirak aufbrechen, erklärte das Verteidigungsministerium.

Im Tagesverlauf wollen die EU-Außenminister auf einer Sondersitzung über das weitere Vorgehen im Irak-Konflikt beraten. Dabei dürfte es dann auch um Waffenlieferungen an die kurdischen gehen. Frankreich hatte als erstes EU-Land Lieferungen angekündigt. Auch Bundeskanzlern Angela Merkel schloss dies angesichts des Vormarsches der Islamisten nicht mehr aus.

Geistliches Oberhaupt der Schiiten ruft zur Einheit auf

Das geistliche Oberhaupt der Schiiten im Irak, Großayatollah Ali al-Sistani, hat das Parlament zur Zusammenarbeit mit dem designierten Ministerpräsidenten Haider al-Abadi aufgerufen. Die Abgeordneten müssten ihrer historischen Verantwortung gerecht werden und die Sektiererei im Land beenden, erklärte er am Freitag.

Der Großayatollah rief das Militär auf, sich unter der irakischen Flagge zu vereinigen und jede Aufspaltung in unterschiedliche Gruppen zu vermeiden. Der einflussreichste geistliche Führer des Landes erklärte, die jetzige Übergangszeit biete die einzigartige Gelegenheit, politische Probleme zu lösen und Gefahren für die Sicherheit abzuwehren.

Die IS-Kämpfer haben große Teile des Landes erobert und bedrohen mittlerweile auch die halbautonome Kurden-Region. Sie gelten als radikaler als Al-Kaida und haben in ihrem Machtbereich einen Gottesstaat ausgerufen. (Reuters, 15.8.2014)