Maliki gibt auf

Gudrun Harrer

Am Ende hat er noch US-Lob für seine "ehrenvolle" Entscheidung bekommen: Nuri al-Maliki hat seine - von seinem Wahlsieg bei den Parlamentswahlen abgeleiteten - Ansprüche auf das Amt des Premiers aufgegeben und damit die Gefahr gebannt, dass sich zur Sicherheitskrise im Irak auch noch eine Verfassungskrise gesellt. Haidar al-Abadi kann nun seine Regierung bilden, ohne dass einer der eigenen Leute mit der Axt hinter ihm steht.

Allerdings ist jede Euphorie, in der die Person Malikis als einzige Barriere zur politischen Gesundung und Einheit des Irak gesehen wurde, völlig fehl am Platz: Abadi wird den arabischen Sunniten und den Kurden weitreichende Angebote machen müssen, um sie wieder einzubinden. Und er wird seine Zusagen - anders als es Maliki nach den Wahlen 2010 getan hat - auch halten müssen.

Alle, auch seine eigene Dawa-Partei, hatten Maliki fallengelassen. Mit seinem Schritt hat er sich erspart, einmal mehr in der Freitagspredigt des Vertreters der wichtigsten schiitischen Autorität im Irak, Ayatollah Ali Sistani, wenig subtil zum Abtreten aufgefordert zu werden. Aber dass erfolglose Politiker sich besser zurückziehen, hatte Sistani schon vor den Wahlen dekretiert, seinerseits erfolglos, weder Maliki noch seine Wähler hatten auf Sistani gehört. Erst als das Trommelfeuer auch aus dem Iran, von höchsten Stellen, kam, hatte Maliki ein Einsehen.

Geeinte Regierung als US-Bedingung

US-Präsident Barack Obama wiederum knüpfte seine Zusage für ein verstärktes militärisches Engagement an eine inklusive Regierung in Bagdad, unter Kooperation aller Gruppen. Dem stand der polarisierende Maliki im Wege. Es ist traurig, dass es der Gefahr des "Islamischen Staats" (IS) und einer humanitären Krise katastrophalen Ausmaßes bedurfte, um ihn zum Gehen zu bewegen. Umgekehrt könnte man sein (vorläufiges) Ende auch als Erfolg des sunnitischen Aufstands gegen Bagdad verbuchen - wäre nicht dieser Aufstand längst vom jihadistischen Wahnsinn aufgesogen und delegitimiert worden.

Wenn man die Berichte von Militäranalysten über die von der IS infizierten Gebiete liest, könnte man den Schluss ziehen, dass die IS zwar momentan punktuell noch gewinnt, aber ihre große Offensive etwas stockt. Die schlechte Nachricht ist, dass gegen die IS oft nicht die irakische Armee, sondern schiitische Milizen erfolgreich sind: Sie muss Bagdad schnell in den Griff kriegen, denn ihr Wüten ruft wieder eine sunnitische Gegenbewegung hervor.

Hilfe für Jesiden

Die Jesiden sind zwar nicht alle in Sicherheit, aber die US-Hilfe greift. Der Vorwurf, dass es den USA einmal mehr auf die Ölfelder und den Schutz der dort präsenten internationalen Ölfirmen ankommt, konnte nicht ausbleiben. Aber erstens ist das in diesem Moment ohnehin sekundär. Und zweitens ist die US-Einstellung zu den nahöstlichen Ölvorkommen in einem grundlegenden Wandel begriffen. Das eigene Interesse am Öl mag ein Motiv sein, aber vor allem gilt es zu verhindern, dass noch mehr Ressourcen der IS in die Hände fallen. Und das ist ja wohl vernünftig. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 16.8.2014)