Die Universitäten dürften budgetär nicht an die Wand gedrängt werden, warnt Angewandte-Rektor und Uniko-Vizevorsitzender Gerald Bast.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Gerald Bast ist Optimist. Aus Prinzip. Vielleicht muss man sagen: aus Vernunftprinzip. Der Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien kann und will sich daher einfach nicht vorstellen, dass die tristen Budgetaussichten für die Universitäten tatsächlich Realität werden könnten, auch wenn ihm bewusst sei, "dass das Ganze keine wirklich gute Zeit ist, auch für die Unis nicht", sagt er im STANDARD-Gespräch angesichts der Deadline für das nächste universitäre Dreijahresbudget, das vom Finanzminister bis Jahresende genannt werden muss: "Wir werden da in einen Strudel von anderen Themen hineinkommen, Stichwort Steuerreform, wo wir als Unis, als wissenschaftliche und künstlerische Institutionen, wieder Gefahr laufen, an den Rand gedrängt zu werden", fürchtet der Vizevorsitzende der Universitätenkonferenz (Uniko).

Dennoch glaube er "an dieses Land und hoffe, dass Vernunft und ein bissl ein Weitblick eintritt, denn: Man muss die Strukturen, die Infrastrukturen in diesem Land absichern. Es geht um die geistige und intellektuelle Infrastruktur dieses Landes. Da werden die Leistungen der Unis noch immer zu wenig gewürdigt."

Eine Bank oder 29 Uni-Jahre

Bast illustriert das an einem plakativen Beispiel: Mit den mehr als sieben Milliarden Euro, die bisher in nur eine Bank, die Hypo Alpe Adria, geflossen seien, "könnte man die österreichischen Kunst-Unis 29 Jahre lang finanzieren".

Dabei ist die Ausgangslage so klar wie schwierig: Uniko, aber auch Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) kamen - getrennt rechnend - zu einem gemeinsamen Ergebnis: Die Unis brauchen wenigstens eine Milliarde Euro zusätzlich. Allerdings sandte Mitterlehner Signale, dass nur mit "plus/minus" 615 Millionen Euro zu rechnen sein werde.

Der Uniko-Vizechef will die Verhandlungsstrategie nicht kommentieren, verweist aber darauf, dass die Forderung der Rektorinnen und Rektoren nach einer Milliarde mehr für 2016 bis 2018 - macht 333 Millionen Euro pro Jahr - "eine höchst bescheidene Maßnahme ist. Das weiß Mitterlehner." Länder insbesondere außerhalb Europas, vor allem in Asien, würden vorzeigen, "was im Uni- und Kunstbereich geht: Die werden uns an die Wand blasen."

Die von Mitterlehner genannten 615 Millionen wären nur der Mindestbetrag, "um den Status quo, der international sowieso nicht glorios ist, abzusichern". Erst Beträge darüber hinaus würden dazu führen, "dass wir international ein bisschen aufholen könnten".

"Wissenstürme" verbinden

Dabei nimmt Bast auch die Unis selbst in die Pflicht. "Nur" mit mehr Geld sei die Sache nicht getan, geschweige denn automatisch etwas verbessert. "Es macht keinen Sinn, mehr vom Gleichen anzubieten. Das ist ja die große Herausforderung der Hochschulpolitik: auf die Komplexität der Gesellschaft zu reagieren."

Diese Komplexität lasse sich unter anderem an der rasanten Geschwindigkeit ablesen, mit der sich das Wissen verdopple, erklärt Bast. Habe sich der Wissensbestand der Welt bis 1900 noch alle 100 Jahre verdoppelte, so sei dieser Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg auf nur noch 25 Jahre geschrumpft, und jetzt reichten schon eineinhalb Jahre, um den globalen Wissensberg aufzudoppeln.

"Wie reagieren die Unis auf diese Fragmentierungsdynamik des Wissens", fragt Bast: "Wir haben riesige Wissenstürme aufgebaut, aber die interdisziplinäre, Verbindung dazwischen fehlt oder ist ungenügend." Die Unis müssten daher "Studienangebote und Forschungsimpulse entlang der gesellschaftlichen Themen setzen, die der Integration dieses Wissens dienen", denn, so sagt der Rektor der Angewandten: "Da sind wir noch nicht dort, wo es die Gesellschaft brauchte." (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 18.8.2014)