Das Projekt "Tiefenschärfe" vermisst den Bodensee mit Fächerecholot und Laserscanning in bisher nie gekannter Auflösung. Dabei entdeckten die Forscher unter anderem Unterwasserquellen und große Löcher im Seeboden.

Illustration: Institut für Seenforschung der LUBW

Bregenz - Der Grund des Bodensees wird derzeit im Rahmen des grenzüberschreitenden Projekts "Tiefenschärfe" neu vermessen. Zwar sind noch nicht alle Daten ausgewertet, doch bereits jetzt können die beteiligten Wissenschafter mit überraschenden Entdeckungen aufwarten: Projektkoordinator Martin Wessels von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Baden-Württemberg berichtete von Unterwasserquellen und großen Löchern.

So hätten vorläufige Daten beispielsweise Hinweise darauf ergeben, dass vor den steilen Ufern im Überlinger See Wasser austrete - die Strukturen hätten dabei bis zu 100 Meter Durchmesser, sagte der Geologe, der die Vermessung beim Institut für Seenforschung in Langenargen (Baden-Württemberg) koordiniert. "Zwar haben Taucher schon immer von Unterwasser-Austrittsstellen berichtet, doch neu ist, dass es so große Strukturen gibt, die so etwas vermuten lassen."

Große Löcher und ein Schiffswrack

Auch im Gnadensee sowie am Schweizer Ufer gab es Überraschungen: "Vor Kreuzlingen sind große Löcher erkennbar, die möglicherweise vom Rückzug des Gletschers in der letzten Eiszeit stammen", sagte Wessels. Auch ein 60 Meter langes Schiffswrack fanden die Forscher: Bilder einer Unterwasserkamera bewiesen, dass es sich um den 1933 nach der Ausmusterung versenkten Raddampfer "Helvetia" handelt.

Bis zu 20 Wissenschafter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz arbeiten seit April 2013 an dem Vermessungsprojekt. Bis Mitte 2015 soll ein 3D-Modell des Seegrundes vorliegen. Die Ergebnisse werden Wasserwirtschaft und Schifffahrt, Archäologen, Tauchsportlern, der Tourismusbranche, Natur- und Denkmalschützern zu Gute kommen; Renaturierungsvorhaben und Baumaßnahmen entlang der Ufer können beispielsweise besser geplant werden. Finanziert werden die Kosten der Vermessung in Höhe von 612.000 Euro aus Mitteln des EU-Regionalprogramms Interreg IV und von den beteiligten Ländern.

Bis zu eine Million Messpunkte pro Quadratkilometer

Die Daten sind dabei präzise wie nie: Bei der ersten Bodensee-Vermessung 1893 war mit Schweizer Lotapparaten rund 20 Mal pro Quadratkilometer gemessen worden, im Jahr 1990 waren mit sogenannten hydrographischen Verfahren 600 Messungen pro Quadratkilometer möglich. Heute werden auf der gleichen Fläche per Fächerecholot und Laserscanning bis zu eine Million Punkte gezeigt. (APA/red, derStandard.at, 17.08.2014)