Das an der TU Wien verwendete Quantensystem: In der Mitte sitzt ein schwarzer Diamant mit Stickstoffatomen, die an das Licht eines Mikrowellenresonators koppeln.

Foto: Dieter Brasch/Terra Mater

Wien - Vor drei Jahren konnten Forscher der Technischen Universität (TU) Wien zeigen, dass sich mit Diamant und Mikrowelle zwei völlig unterschiedliche Quantensysteme koppeln lassen, um - analog zum herkömmlichen Computer - Prozessor und Arbeitsspeicher eines Quantencomputers zu bilden. Nun konnten sie die Speicherdauer in diesem Hybridsystem deutlich verbessern, berichten die Wissenschafter um Johannes Majer im Fachjournal "Nature Physics".

Die Elektronik in unseren Computern kennt nur zwei Zustände: null oder eins. Quantensysteme hingegen können beliebige Überlagerungen von Zuständen annehmen, also null und eins gleichzeitig und alle Werte dazwischen. Auf diesem Prinzip aufbauend hoffen Wissenschafter, in Zukunft superschnelle Quantencomputer bauen zu können. Bis dahin sind allerdings noch ausgesprochen komplexe technologische Probleme zu lösen.

Schutzeffekt für Quantenzustände

Ein großes Problem ist etwa, dass gespeicherte Quantenzustände durch Wechselwirkungen mit der Umgebung extrem leicht zerstört werden. Johannes Majer und seinem Team vom Atominstitut der TU Wien ist es nun gelungen, einen speziellen Schutzeffekt zu nutzen, um die Stabilität des von ihnen vorgeschlagenen Quantensystems deutlich zu erhöhen. "Wir konnten damit die Speicherzeit auf 500 Nanosekunden verdoppeln", so Majer.

Das System besteht aus einer Diamantschicht, in die Stickstoffatome als Störstellen eingebaut sind. Über den Eigendrehimpuls, den sogenannten Spin, der Stickstoffatome kann Quanteninformation gespeichert werden. Eingeschrieben bzw. ausgelesen wird diese Information über Mikrowellen-Photonen aus einem an die Diamantschicht gekoppelten Mikrowellenresonator. In diesem werden Lichtteilchen mit einer Wellenlänge im Mikrowellen-Bereich hin- und herreflektiert und treten dabei in Wechselwirkung mit den Stickstoffatomen.

Koppelung verhindert Dekohärenz

Ein Problem ist, dass die Stickstoffatome im Diamant leicht unterschiedliche Schwingungsfrequenzen haben. Deshalb schwingen sie nach einiger Zeit völlig durcheinander und der Quantenspeicher geht in Zustände über, die für Informationsübertragung nicht mehr genutzt werden können; Physiker sprechen dabei von "Dekohärenz". Die Wissenschafter verhindern dies durch eine starke Kopplung bei sehr tiefen Temperaturen zwischen den Atomspins und dem Mikrowellenresonator.

"Die Atomspins haben zwar keinen direkten Einfluss aufeinander", so Majer. "Aber die Tatsache, dass sie kollektiv stark an den Mikrowellenresonator gekoppelt sind, verhindert, dass der Quantenspeicher in Zustände übergeht, die für Quanteninformations-Übertragung nicht mehr genutzt werden können." Dadurch schwingen die Stickstoffatome viel länger im Gleichtakt und die Quanteninformation kann wesentlich länger aus den Atomspins ausgelesen werden. (APA/red, derStandard.at, 18.8.2014)