Göteborg/Peking - Volvo bläst in China zum Angriff auf die deutschen Autohersteller. Mit neuem Design und Luxusausstattung will der schwedische Traditionskonzern dort BMW, Mercedes-Benz sowie Audi Marktanteile abjagen. Hoffnungsträger ist das neue XC90, SUV, der unter anderem bei asiatischen Managern punkten soll, die sich Chauffeure leisten können.
Bei der Präsentation des Wagens machte Volvo-Chef Hakan Samuelsson deutlich, dass er die Käufer nicht mit Günstigangeboten ködern will. "Die Preise sind dieselben wie die der Konkurrenten, etwa der deutschen", sagte der Firmenlenker, der spätestens seit seiner Zeit als MAN-Chef mit der deutschen Branche vertraut ist. "Die Kunden sollten nicht erwarten, dass sie weniger ausgeben müssen als für einen Audi."
China-Absatz mit starkem Plus
Volvo befindet sich selbst in chinesischem Besitz. Vor vier Jahren kaufte die Zhejiang Geely Holding Group dem US-Konzern Ford den schwedischen Autobauer ab.
Die Volksrepublik könnte nach Einschätzung von Analysten bis 2020 auch bei Oberklasseautos zum weltweit größten Absatzmarkt aufsteigen. Im vergangenen Jahr steigerte Volvo seinen China-Absatz um fast 50 Prozent auf 61.000 Fahrzeuge. Ebenso viele verkaufte das Unternehmen in den USA, wo es allerdings vor zehn Jahren noch auf rund die doppelte Zahl kam. Im kommenden Jahr werde Volvo mit dem Export von Autos aus China beginnen, insbesondere in die USA, sagte Samuelsson. Die angestrebten Verkaufserfolge in den beiden Schlüsselmärkten hängen also wechselseitig voneinander ab. "Ohne starke Position in den USA sind wir keine globale Marke, sind wir keine Premiummarke", betonte Samuelsson.
Riskanter Spagat
Strategisch wagt der Konzernchef einen riskanten Spagat: Die Marke Volvo soll künftig die statusbewusste und luxusorientierte chinesische Kundschaft anlocken - ohne sich von ihrem Image eines umweltfreundlichen, sicheren Familienautos zu verabschieden. "Unsere traditionellen Werte werden immer wichtiger", sagte Samuelsson. Das gelte gerade auch für China mit seiner Ein-Kind-Politik und seinen Smog-Problemen. Doch andere Manager räumten ein, dass Volvo-Eigner Li Shufu in der XC90-Entwicklung Änderungen durchgesetzt habe, insbesondere für die Innenausstattung, die ihm anfangs "zu skandinavisch" gewesen seien. Er habe dabei auf die Vorlieben seiner reichen Freunde verwiesen.
Der Trend zu mehr Glanz ist bei dem Neumodell, das am 26. August auf den Markt kommen soll, unverkennbar. So leuchten etwa die Frontscheinwerfer in T-Form in Anlehnung an den Hammer des nordischen Gottes Thor, und der Schaltknüppel besteht teils aus schwedischem Kristallglas. Ob Volvo damit den etablierten Oberklassewagen der deutschen Konkurrenz Paroli bieten kann, ist Experten zufolge völlig offen. "Es muss sich erst noch zeigen, ob die Kunden die schwedische Zurückhaltung als Luxus akzeptieren werden", sagte Patrik Strom, der an der Universität Göteborg lehrt. "Aber es ist auch gefährlich, zu nah mit China in Verbindung gebracht zu werden und diese schwedische Identität zu verlieren." (APA/Reuters, 18.8.2014)