Der Erfinder des Pop-ups entschuldigt sich.

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Unbeabsichtigte Konsequenzen einer gut gemeinten Idee: So beschreibt Ethan Zuckerman seine Erfindung, die wohl eines der meistgehassten Phänomene des Netzes geworden sind – nämlich das Pop-up. Zuckerman gehört zu den Pionieren des WWW, in den 1990ern war er bei Tripod.com tätig. Dort habe man verzweifelt versucht, ein Business-Model zu kreieren, erzählt Zuckerman in einem ausführlichen Essay für "The Atlantic".

Werbung einziges Geschäftsmodell

"Abos, Provisionen bei Verkäufen, Promo-Zusammenarbeit, Merchandising – wir haben alles probiert“, so Zuckerman. Das Einzige, das funktioniert habe, sei allerdings Werbung gewesen, erklärt der IT-Experte. In puncto Werbung hätten sich allerdings zwei Probleme ergeben: Einerseits habe sich die Werbefläche oft nur schlecht in die ursprüngliche Website integrieren lassen, andererseits wollte dies der Werbetreibende oft auch nicht. So etwa im Fall eines großen Autoherstellers, der aufgrund des Traffics auf einer Pornoseite inserieren wollte, deren Spezialgebiet Analsex war.

"Gut gemeint"

Zuckermans Lösung: ein Fenster, das sich beim Besuch der Website öffnet und über die Seite legt. Also das mittlerweile weltberühmte Pop-up. Mittlerweile arbeitet er im Centre for Civic Media beim renommierten MIT. Werbung sei für ihn insgesamt die "Ursünde des Internets" geworden, die zur ständigen Überwachung der Nutzer durch die Werbebranche geführt habe - auch eine Folge seiner Idee. Deshalb entschuldigt sich Zuckerman bei der Netzgemeinde: "Es tut mir leid. Es war gut gemeint."

Gezielte Werbung sorgt für Überwachung

Denn gezielte Werbung sei das Nonplusultra der Digitalwerbung, mit der man Inserate in anderen Medien übertrumpfen wolle. "Aber noch immer zahlen Werbende Facebook 60 Cent pro User, obwohl diese 60 Stunden pro Woche online sind – und die 'New York Times' bekommt das Vierfache für lediglich 1,5 Stunden", so Zuckerman. Konsequenz sei, dass online immer mehr Werbung erscheine. Oder an ethisch fragwürdigen Formen der Werbung wie redaktionell gestalteten Werbestorys gearbeitet werde, die der Komiker John Oliver kürzlich zerlegt hatte:

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Neustart des Internets

Zuckerman fordert daher, über einen Neustart des Internets nachzudenken. Mittlerweile sei es einfacher, im Internet zu bezahlen, so Zuckerman laut Forbes. Durch Kryptowährungen wie Bitcoin könnten Lösungen geschaffen werden, mit denen viele User mit minimalen Transaktionsgebühren für Inhalte bezahlen – er hofft, dass ihnen ein werbe- und überwachungsfreies Netz das eines Tages wert sein wird. (fsc, derStandard.at, 18.8.2014)