Szenen aus Ferugson in der Nacht auf Dienstag.

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Ferguson kommt nicht zur Ruhe: Auch in der Nacht auf Dienstag kam es vereinzelt zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

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Die Wut der Demonstranten entzündet sich auch daran, dass der mutmaßliche Todesschütze nicht festgenommen wurde, sondern vom Dienst suspendiert ist.

APA/EPA/LARRY W. SMITH

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Angeheizt wird die Lage durch das Auftreten der örtlichen Polizei mit Beamten in Schutzanzügen und gepanzerten Fahrzeugen.

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Ferguson/New York - In der US-Kleinstadt Ferguson im Staat Missouri ist es in der Nacht auf Dienstag wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen.

Dabei sind laut Angaben der örtlichen Polizei zwei Menschen durch Schüsse von Demonstranten verletzt worden. Nachdem Protestierende mit Glas- und Plastikflaschen geworfen und versucht hatten, eine Straße zu blockieren, hätten die Beamten in der Nacht Tränengas und Blendgranaten, aber keine Schusswaffen eingesetzt. Die Polizei sei in der Nacht unter "heftigen Beschuss" geraten, teilte der zuständige Polizeioffizier am Dienstag mit. Insgesamt seien 31 Menschen festgenommen worden. Der Zustand der beiden durch Schüsse Verletzten war unklar.

Angeblich sollen Demonstranten auch wieder Molotowcocktails eingesetzt haben. Der Polizei zufolge seien vier Polizisten durch Wurfgeschoße verletzt worden. Die Lage in der Stadt unweit der Metropole St. Louis war zuvor als ruhig, aber sehr angespannt beschrieben worden. Seit den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf einen unbewaffneten schwarzen Teenager vor zehn Tagen ist es in Ferguson immer wieder zu Protesten und Unruhen gekommen.

The White House

Nach den tagelangen Unruhen hatte US-Präsident Barack Obama die Demonstranten wie auch die Polizei zuvor zu Zurückhaltung aufgerufen. Er verstehe die Wut der Menschen, sagte Obama am Montag. Ihr jedoch "durch Plünderungen, das Tragen von Schusswaffen oder gar Angriffe auf die Polizei" nachzugeben erhöhe nur die Spannungen und führe zu Chaos. Umgekehrt gebe es keine Entschuldigung für ein unnötig hartes Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. Obama entsandte Justizminister Eric Holder, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon rief die Beteiligten zu Zurückhaltung auf und drängte darauf, die Rechte von Demonstranten und Journalisten zu respektieren.

Nationalgarde in Stellung gebracht

Obamas direkter Einfluss auf den Fall ist begrenzt. Die amerikanische Polizei ist kommunal organisiert, die Landespolizei von Missouri - die den Namen "Highway Patrol" trägt - untersteht dem Gouverneur Jay Nixon. Dieser hat wegen der anhaltenden Unruhen inzwischen auch die Nationalgarde des Bundesstaates in Stellung gebracht. Diese Soldaten werden im Kriegsfall zwar vom Präsidenten befehligt, im Inland folgen sie jedoch laut Verfassung den Anweisungen ihres jeweiligen Gouverneurs. An den Ermittlungen in Ferguson zu der Tötung des 18-jährigen Michael Brown sind nach Angaben von Holder mehr als 40 Beamte der Bundespolizei FBI beteiligt. Brown war unbewaffnet. Nach Angaben von Augenzeugen soll Brown die Hände über den Kopf gehalten haben, als die Schüsse fielen. Einem Obduktionsbericht zufolge wurde der Bursche von sechs Kugeln getroffen, zwei davon trafen seinen Kopf.

Die Bevölkerung der 21.000-Seelen-Stadt ist überwiegend schwarz. Die Wut der Demonstranten entzündet sich auch daran, dass der mutmaßliche Todesschütze nicht festgenommen wurde, sondern vom Dienst suspendiert ist. Er hält sich an einem unbekannten Ort auf. Der Staatsanwaltschaft des Landkreises St. Louis zufolge könnten die Geschworenen einer Anklagejury in dieser Woche über die Eröffnung eines Verfahrens gegen ihn entscheiden.

Holocaust-Überlebende verhaftet

Bei einem Protestmarsch in St. Louis gegen die Entscheidung Nixons, die Nationalgarde in Stellung zu bringen, wurden am Montagnachmittag acht Personen verhaftet - darunter die Holocaust-Überlebende Hedy Epstein. Die 90-jährige politische Aktivistin unterstützt unter anderem die Organisation Free Gaza Movement.

Die Demonstranten hatten sich vor dem Wainwright-Gebäude in St. Louis versammelt, in welchem sich Gouverneur Nixons Büro befindet. Medienberichten zufolge versuchten Demonstranten in das Gebäude einzudringen, wurden aber von Security-Personal davon abgehalten. Außerhalb wurde ein Sit-in abgehalten.

Massives Auftreten der Polizei

Angeheizt wurde die Lage in Ferguson von Beginn an durch das massive Auftreten der örtlichen Polizei mit Beamten in Schutzanzügen und gepanzerten Fahrzeugen. Als Ende vergangener Woche die örtliche Polizei abgezogen und durch die Polizei von Missouri ersetzt wurde, beruhigte sich die Situation am Freitag für kurze Zeit. Nach weiteren Unruhen verhängte der Gouverneur dann Ausgangssperren und rief schließlich die Nationalgarde zu Hilfe.

Landesweit haben die Krawalle in Ferguson zudem eine Debatte angestoßen, ob die amerikanische Polizei inzwischen zu sehr paramilitärische Züge angenommen hat. Im Kongress wird ein Gesetz diskutiert, das die kostenlose Weitergabe von Kriegsgerät wie gepanzerte Fahrzeuge aus dem Irak oder aus Afghanistan an die Polizei stoppen würde. Eine Gruppe von Demokraten im Repräsentantenhaus erklärte angesichts der Vorgänge in Ferguson vor einigen Tagen, dass die "örtlichen Strafverfolgungsbehörden außer Kontrolle" seien. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, der Demokrat Patrick Leahy, warnte am Freitag, man könne "die Risse in einer Gemeinde nicht mit den Werkzeugen des Krieges kitten". Der Kongress nimmt nach seiner Sommerpause die Arbeit wieder im September auf. (APA, red, derStandard.at, 19.8.2014)