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Frank Herrmann: Bis auf die beiden Reporter und ein halbes Dutzend Polizisten hielt sich nachmittags nach halb drei keine Menschenseele an besagter Tankstelle auf.

Foto: reuters/MARK KAUZLARICH

Um 14.40 Uhr findet Officer Amero, dass es nun genug ist mit der Pressefreiheit. Die beiden Journalisten, die auf dem Bürgersteig der Florissant Avenue auf eine ausgebrannte Tankstelle zu laufen, laufen für seine Begriffe zu langsam. Einer aus Ameros Trupp ruft den beiden, Ansgar Graw von der „Welt“ und mir, in knappem Befehlston zu, nicht stehen zu bleiben. Auf die Frage nach den Gründen wiederholt er nur stur seine Order, während ein freundlicherer Kollege immerhin erklärt, dass man keine Menschenansammlungen wolle. Im nächsten Moment lässt Officer Amero Beamte mit Plastikhandschellen anrücken.

Der Weg ins Gefängnis

Hände auf den Rücken, das Plastikband festgezurrt, dass es tief in die Handgelenke schneidet. In der fensterlosen Kabine eines Polizeitransporters geht es zu einer Shopping-Mall, die den Ordnungshütern als provisorische Einsatzzentrale dient. Von dort im nächsten Polizeiwagen ins Buzz Westfall Justice Center, ein Gefängnis in Clayton, einem Vorort von St. Louis, zusammen mit Lou und David, einem ergrauten Altlinken und einem afroamerikanischen Teenager, beide aus Chicago, beide drei Häuserblöcke entfernt festgenommen, warum auch immer.

Sarkasmus

Gürtel abgeben, Schnürsenkel aus den Schuhen entfernen, Hosentaschen nach außen krempeln. Bei der kurzen medizinischen Untersuchung, Blutdruck messen, solche Sachen, fragt eine Krankenschwester, ob man Selbstmordgedanken hege. Alles streng nach Protokoll. Schön aber auch: Die Frau lässt feinen Humor erkennen, als ich eine leicht sarkastische Antwort gebe.

Der Ehering und die Einzelzelle

Und als sich der Ehering partout nicht über den Fingerknöchel ziehen lässt, sagt ein Aufseher, dass man dann eben, mit Ring am Finger, in eine Einzelzelle müsse, statt im großen Saal mit seinen drei Fernsehbildschirmen im Team mit den anderen darauf warten zu können, bis der Fall bearbeitet ist. Irgendwann besinnt er sich eines Besseren, bevor sich, drei Stunden später, die Türen des Knasts öffnen. Wenigstens weiß ich jetzt, wie man sich für einen „Mugshot“ hinstellen muss, ein Foto für die Verbrecherkartei. Einmal geradeaus in die Kamera blicken, ein zweites Mal schräg nach links, auf einen roten Punkt an der Wand. Der Vorwurf, erfahren wir zwischendurch, lautet auf „Weigerung, sich zu zerstreuen“.

"Donald Duck"

Er ist so bizarr wie die Umstände: Bis auf die beiden Reporter und ein halbes Dutzend Polizisten hielt sich nachmittags nach halb drei keine Menschenseele an besagter Tankstelle auf. Die Sonne schien, es war heiß, ruhig und friedlich, nirgendwo flogen Steine. Der Name Amero, er taucht übrigens nur im Festnahmeprotokoll auf. Als unsereiner fragt, nennt er sich Donald Duck. (Frank Herrmann, derStandard.at, 19.8.2014)