Bild nicht mehr verfügbar.

Helfer begutachten auf dem Duwala-Markt in Liberias Hauptstadt Monrovia eine Leiche, bei der Ebola-Verdacht besteht. Laut WHO hat die Epidemie mittlerweile 1.229 Menschen getötet.

Foto: Reuters

Abuja - Plötzlich tauchen sie überall auf: kleine Wasserspender, Seifen, Plastikflaschen mit Desinfektionsmittel und bergeweise Papiertücher. Wer heute in Nigeria ein Büro betreten will, sollte vorher eines tun: sich gründlich die Hände waschen. Die anschließende Begrüßung fällt verhalten aus. Man ist vorsichtig und schüttelt längst nicht mehr jedem die Hand. Stattdessen ist das Thema für den ersten Smalltalk perfekt: Ebola.

In Afrikas bevölkerungsreichstem Land reißen die Gespräche über das aggressive Virus nicht ab. Die Angst vor einer Ansteckung ist groß, wurde doch über Monate beobachtet, wie fatal sich die Krankheit in Guinea, Sierra Leone und Liberia ausgebreitet hat.

Die Folgen sind verheerend. Nach aktuellen Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mittlerweile 1229 Menschen an Ebola gestorben. Die Anzahl der neuen Fälle reißt trotzdem nicht ab. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die seit Monaten in Westafrika Infizierte behandelt, schätzt, dass es weitere sechs Monate lang dauern werde, um die Epidemie überhaupt unter Kontrolle zu bringen.

Viele Gerüchte, wenig Aufklärung

Ein großes Problem ist die schwierige Aufklärungsarbeit, sagt Xavier Crespin, Direktor der Westafrikanischen Gesundheitsorganisation (Waho). "Wir sind in Afrika. Es gibt viele Gerüchte über die Krankheit, die nichts mit der Realität zu tun haben."

Zwei halten sich derzeit in Nigeria hartnäckig: Der Verzehr von Kolanüssen und das Baden in Salzwasser, von dem anschließend sogar noch ein wenig getrunken werden soll. "Es gibt keinen einzigen Beleg dafür, dass mit Kolanüssen vorgebeugt werden kann", sagt Crespin.

Mit angeblichen Hausmitteln haben mittlerweile sogar viele traditionelle Heiler Probleme. Bei Salzwasser kann Abubakar Suleiman nur den Kopf schütteln. "Es dürfte klar sein, dass zu viel Salz dem Körper schadet. Das hat nichts mit einer Heilung zu tun."

Suleiman steht mit seinem alten weißen 190er-Mercedes-Benz auf dem Busbahnhof von Jabi, dem größten in der Hauptstadt Abuja. Sein Auto ist eine mobile Apotheke. Überall hat er selbstgemischte Säfte und Pülverchen, die gegen Malaria, Durchfall, Verstopfung und Fieber wirken. Ein weiteres Medikament gegen Ebola ist allerdings nicht hinzugekommen.

Glauben an Gott

Dennoch hat Suleiman der Ehrgeiz gepackt: Gemeinsam mit anderen traditionellen Heilern arbeite er an einer Mischung gegen Ebola, sagt er: "Ich bin mir sicher, dass Gott für jede Krankheit auch ein Gegenmittel geschaffen hat."

In der Millionenstadt Lagos, wo bisher die einzigen zwölf bestätigten Fälle aufgetreten sind, setzt die Landesregierung deshalb auf andere Maßnahmen: auf die massive Kontrolle von Infizierten und all jenen, die mit ihnen Kontakt hatten. Beispielsweise wurde vergangene Woche eine Krankenschwester aus der Stadt Enugu zurückgeholt, die einen Infizierten versorgt hatte. Am Flughafen und an den Grenzübergängen wird bei jedem ankommenden Passagier Fieber gemessen.

All diese Maßnahmen sind auch medienwirksam. Die Landesregierung von Lagos, aber auch Präsident Goodluck Jonathan - er sagte 11,7 Millionen US-Dollar für den Kampf gegen Ebola zu - haben selten ein so wohlwollendes Medienecho erhalten.

Möglicher Fall in Berlin

Ebolaalarm gab es am Dienstag auch in Berlin. In einem Jobcenter im Stadtteil Pankow ist eine Frau, die aus Afrika kommt, wegen Verdachts auf Ebola von Notärzten behandelt worden. Die Patientin habe die typischen Anzeichen der Infektionskrankheit wie hohes Fieber gezeigt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Die Frau wurde erst in einem Notarztwagen isoliert. Einige Stunden später gaben die Ärzte Entwarnung - es soll eine Magen-Darm-Erkrankung sein. (Katrin Gänsler aus Abuja, DER STANDARD, 20.8.2014)