So lauschig ließ es sich noch vergangene Woche im Garten der Hofmeisterei in Wösendorf in der Wachau sitzen.

Gerhard Wasserbauer

Richtig toll ist das konfierte Kaninchen mit Pilzen und süßsauer glacierten Perlzwiebeln, ein vorgebliches Zwischengericht, das alles, was danach kommt, vergleichsweise blass aussehen lässt.

Gerhard Wasserbauer

Ältere Semester werden sich vielleicht erinnern, dass die Wachau früher auch kulinarisch als Aushängeschild des Landes gelten durfte. Der Jamek in Joching wird der Legende nach sogar als einziges Restaurant seit der allerersten Ausgabe des Gault-Millau-Führers 1980 ununterbrochen mit zumindest einer Haube bewertet. Auch sonst präsentierten sich zahlreiche Wirte zwischen Melk und Stein lange als ideale Adressen, um der Korrespondenz der Großweine zu feiner Küche vor Ort auf den Grund zu gehen.

Klar kann man in der Wachau noch gescheit essen - der Nimbus als Sehnsuchtsort heimischer Phäaken schlechthin lässt sich so aber nicht mehr aufrechterhalten. Über weite Strecken wirkt das, was in Prandtauer- oder Loibnerhof, beim Jamek, in den Dürnsteiner Nobeladressen oder auch in Melk geboten wird, wie eine schablonenhafte Fortschreibung vergangener Größe.

Neuausstattung

So etwas Ähnliches könnte sich auch Franz Hirtzberger gedacht haben, als er vergangenes Jahr mit der Konkursmasse des Florianihofs in Wösendorf solch ein vormaliges Spitzenhaus ersteigerte. Erst schien es, als wollte er ohnehin nichts verändern, sogar der einstige Betreiber sollte weitermachen wie zuvor.

Dann aber besann er sich eines viel Besseren, motivierte Koch Erwin Windhaber und Restaurantleiter Hartmut Rameder vom weithin gefeierten Restaurant im Senftenberger Weingut Nigl, sich endlich als Pächter zu versuchen und ihren unbekümmerten Zugang zum guten Essen der Wachau zugutekommen zu lassen. Die ließen sich nicht lange bitten, noch dazu, wo Hirtzberger die Neuausstattung des alten Wirtshauses zu wesentlichen Teilen finanzierte und, für das neue Team (speziell die famose Sommelière Elena Späth) ganz wesentlich, auch die Erweiterung der Weinkarte auf andere Winzer und Regionen unterstützte.

Unaufgeregt gediegen

So kommt es, dass Weißenkirchen seit kurzem über eine richtig heiße Adresse verfügt, in der man mittags wie abends ohne Reservierung keinen Tisch bekommt. Windhaber, der unter Mörwald für drei Hauben im Kloster Und gut war, kocht hier völlig unaufgeregt, geschmacklich zielsicher, auf eine klassisch bürgerliche Art gediegen, wie es gerade in der Wachau wohl jedem Freude macht. Geflügelleberparfait mit Marille, Marillenkernen und kühlem Zellerpüree gerät auf zart wildelnde Art grandios, tiefgründig und schmelzig, keineswegs geil - dazu ein Schluck vom Knoll-Traminer, und man kann sich plötzlich keinen besseren Platz vorstellen als den Hofgarten an der Donauuferstraße.

Flusskrebsravioli sind bissfest und geschmacklich klar konturiert, nur die Briesröschen in der dicht gewebten Krustentiersauce geraten ein bissl gar trocken. Richtig toll dafür das konfierte Kaninchen mit Pilzen und süßsauer glacierten Perlzwiebeln, ein vorgebliches Zwischengericht, das alles, was danach kommt, vergleichsweise blass aussehen lässt. Höchstens die mit Blauschimmelkäse gratinierten Feigen aus dem Hirtzberger'schen Garten vermögen in ihrer schnörkellosen Duftigkeit ähnliche Emotion hervorzurufen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 22.8.2014)