Phoenix - Wo die Tuberkulose ihren Ursprung hat, war lange umstritten. Nun haben Forscher in dieser Frage eine überraschende Entdeckung gemacht: Wie sie in "Nature" schreiben, dürften Robben den Erreger aus Afrika nach Amerika gebracht haben - und zwar lange, bevor die Europäer die Neue Welt besuchten.

Ein internationales Forscherteam untersuchte das Erbgut von Bakterien, die in drei eintausend Jahre alten menschlichen Skeletten in Peru gefunden worden waren. Der Bakterien-Typus war eng verwandt mit Tuberkulose-Erregern, die heute Robben und Seelöwen befallen. Der Studie zufolge infizierten sich die Tiere vermutlich an der afrikanischen Küste mit dem Erreger und überquerten dann den Atlantik.

Auf der anderen Seite des Ozeans wurden sie dann von Küstenbewohnern getötet und verzehrt, dabei steckten sich die Menschen an und verbreiteten das Bakterium weiter. Es handle sich um einen "plausiblen, wenn auch unerwarteten Zugang in die Neue Welt", stellen die Forscher fest. Bisher waren Forscher davon ausgegangen, dass Europäer die bakterielle Infektionskrankheit nach Amerika brachten. In Süd-, Mittel- und Nordamerika lebten vor Ankunft der Europäer rund 20 Millionen Menschen.

Da sie keine Immunabwehr gegen den Tuberkulose-Erreger und andere Infektionskrankheiten wie die Grippe hatten, waren sie diesen schutzlos ausgeliefert - bis zu 95 Prozent der Bevölkerung soll an den eingeschleppten Krankheiten gestorben sein. Die neue Studie zeigt nun, dass der tödliche Tuberkulose-Erreger offenbar schon lange vor der Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent existierte.

Abstract

Nature: "Pre-Columbian mycobacterial genomes reveal seals as a source of New World human tuberculosis"

(APA/tberg, DER STANDARD, 21.8.2014)