Kommen schnell und gehen schnell wieder vorbei: Politische Börsen haben kurze Beine, sagt ein Experte.

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Wien - Die Börsen haben in den vergangenen Wochen zu einer Korrektur angesetzt. Grund dafür sind die geopolitischen Krisenherde (Naher Osten, Ukraine). Aber auch an der Konjunkturfront hat sich die Lage eingetrübt. Einige Schätzungen für das Wachstum wurden zuletzt wieder zurückgenommen. Hier wirken sich vor allem die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland aus, die auf die europäische Wirtschaft durchschlagen. Aber auch die "zu starke Euphorie im Frühling" führte laut Ulrich Kater, dem Chefvolkswirt bei der Dekabank dazu, dass die Schätzungen jetzt angepasst werden mussten.

Vor allem die zweite Welle der Sanktionen gegen Russland habe laut Kater zu einer Verunsicherung geführt, weil immer mehr die Frage, wie es in diesem Konflikt weitergehe, in den Mittelpunkt rücke. "Die Korrektur an den Börsen ist dem geschuldet, was vielleicht noch kommen wird", sagt Kater und fügt aber hinzu: "Politische Börsen haben kurze Beine". Die aktuelle Lage sei an den Börsen nun aber eingepreist, komme es zu keiner weiteren Verschärfung, könne am Markt schon bald wieder die Frage überwiegen, ob die aktuellen Kurse ein gutes Einstiegsniveau seien.

Gewinner der Krise

In jeder Krise gibt es aber auch Gewinner. Einer davon ist derzeit das Unternehmen Taser, das für die Herstellung von Elektroschockpistolen bekannt ist. Das Unternehmen produziert aber auch tragbare Kameras, die bis zu zwölf Stunden lang kontinuierlich aufnehmen können. In den USA werden diese Geräte aufgrund der Konflikte in Ferguson nun von der Polizei verstärkt nachgefragt. "Das verschafft der Aktie einen Schub nach oben", sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin des UniCredit Private Banking. In London tragen bereits 500 Polizisten eine Body-Kamera.

Der Bereich der tragbaren Technologie wird laut Rosen-Philipp auch im Gesundheitsbereich eine immer stärkere Rolle spielen. Geräte, die Schritte zählen, den Puls messen und andere Werte abbilden können und das via App zu einem Gesundheitsreport zusammenfassen, "werden der nächste große Trend", sagt Rosen-Philipp.

Test für den Markt

Ein wichtiger Test für die Märkte läuft derzeit auch in den USA, wo die "Back to school"-Saison angelaufen ist. Für den Bürobedarf ist das die wichtigste Zeit im Jahr. Zudem zeigen diese Wochen, wie es um die Stimmung der US-Konsumenten bestellt ist. Das ist ein wichtiger Indikator, denn die Kauflaune der US-Bürger trägt rund 70 Prozent zum nationalen BIP bei. Trübt sich die Laune der US-Konsumenten ein, könnten Zweifel an einer weiteren Erholung der Wirtschaft das Geschehen an den Märkten bestimmen.

Die Präsidentenwahl in der Türkei, die Recep Tayyip Erdogan für sich entschieden hat, lässt bei Investoren auch viele Fragen offen. Die Gefahr, dass mit Erdogans Politik nun politische Interessen vor die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gestellt werden, "ruft Frustration am Markt hervor", sagt Kater. Auch die Ratingagenturen sehen das Land derzeit kritisch: Moody's, Fitch und Standard & Poor's haben zuletzt betont, dass das politische Risiko in der Türkei weiterhin hoch sei und mit der Wahl Erdogans die wirtschaftlichen Karten des Landes nicht verbessert wurden. Das dämpfe die Wachstumsaussicht, heißt es in den Rating-Reports.

Bewegung könnte auch in Airline-Aktien kommen. Grund dafür ist der drohende Ausbruch des isländischen Vulkan Bárdarbunga. Wenn es dazu kommt, "könnten die transatlantischen Flugrouten betroffen sein", gibt Rosen-Philipp zu bedenken.

Auf Anleger wartet also eine ereignisreiche Spätsommerbörse. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 22.8.2014)