Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) übt sich in differenzierender Konsequenz. Mit den syrischen Kriegsflüchtlingen, die in Österreich derzeit zahlreich um Asyl ersuchen, hätten die neun Tschetschenen, die am Mittwoch festgenommen wurden, weil sie sich im Nahen Osten offenbar einer Terrorgruppe anschließen wollten, nichts zu tun. Vor genau solchen Jihadisten seien die Syrer ja geflohen.

Für Extremisten wie die neun hingegen könne es, so die Ministerin, nur "eine Null-Toleranz-Politik" geben. Sowie im Fall von derlei mutmaßlichen "Foreign Fighters" mit Asylstatus in Österreich die Aberkennung desselben. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ging mit seinen Forderungen noch weiter: Die Terrorverdächtigen sollten "sofort" abgeschoben werden, sagte er. Überhaupt sei "unfassbar", dass Leute wie diese Asylstatus erlangt hätten.

Derlei Bemerkungen kontert Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck mit Hinweis auf das Asylrecht: In Asylverfahren werde allein die Frage geprüft, ob ein Mensch politisch oder aus anderen Gründen verfolgt wurde.

Asylaberkennung bis fünf Jahre nach Zuerkennung

Doch auch wenn das der Fall ist, kann dem Betreffenden der Flüchtlingsstatus verweigert werden: wenn er oder sie wegen eines "schweren Verbrechens" rechtskräftig verurteilt wurde oder "aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt". So bestimmt es Paragraf 6 des Asylgesetzes. Bei den neun Tschetschenen war das während des Asylverfahrens nicht der Fall.

Die gleichen Gründe wie für eine Asylverweigerung gelten auch für eine Asylaberkennung. Sie ist bis zu fünf Jahre nach der Zuerkennung möglich. Rein rechtlich kann der Schutzstatus laut Paragraf 7 des Asylgesetzes nach einem rechtskräftigen Urteil, aber auch ohne ein solches, entzogen werden: etwa aufgrund Verfassungsschutzerkenntnissen, zu denen wohl auch Hinweise auf Zusammenarbeit mit salafistischen Terroristen zählen würden.

Zwar gibt es in Österreich keine Erfassung von Asylaberkennungsgründen - doch mehrere befragte Anwälte und Experten sind sich einig: Wegen bloßen Terrorverdachts (ohne Gerichtsurteil) wurde bisher in keinem einzigen Fall der internationale Schutz wieder aufgehoben. Laut dem Anwalt Georg Bürstmayr ist zudem unklar, "ob eine solche Aberkennung juristisch halten würde".

In Deutschland anders

Im Nachbarland Deutschland ist das anders, wie der Frankfurter Anwalt und Asylexperte Reinhard Marx dem STANDARD schildert: In der Vergangenheit hätten deutsche Asylgerichte mehreren iranischen Volksmujahedin mit der Begründung den Schutz wieder entzogen, es handle sich bei ihnen um Terroristen: "Diese Entscheidungen wurden aber alle wieder aufgehoben."

Nicht so im Fall mehrerer Sympathisanten der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Deren Asylaberkennung hielt. Mit terrorverdächtigen Islamisten wiederum gebe es diesbezüglich in Deutschland "noch keine Erfahrungen". (Irene Brickner, DER STANDARD, 22.8.2014)