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Die Lkws am Grenzübergang auf dem Weg zurück nach Russland.

Foto: AP Photo/Sergei Grits

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Durch Beschuss der ukrainischen Armee zerstörte Druckerei bei Donezk

Foto: REUTERS/Maxim Shemetov

Moskau/Kiew - Sämtliche Lastwagen des umstrittenen russischen Hilfskonvois sind nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aus der Ukraine zurückgekehrt. Der Konvoi sei wieder in Russland, sagte der Leiter der OSZE-Beobachtermission am russischen Grenzposten Donezk, Paul Picard, am Samstag.

Russland hatte am Freitagvormittag den seit Tagen an der Grenze wartenden Hilfskonvoi für die notleidende Bevölkerung in der Ostukraine ohne Einverständnis Kiews und des Roten Kreuzes nach Luhansk geschickt.

Nach Angaben von OSZE-Beobachtern fuhren 227 Laster in sechs Gruppen über die Grenze. Am Abend wurden die Lastwagen in der umkämpften Großstadt Luhansk entladen.

Das russische Staatsfernsehen zeigte am Samstag Bilder, auf denen die Entladung der Lkw in der Stadt Luhansk zu sehen sein soll. Die Stadt ist seit drei Wochen von Strom und Wasser abgeschnitten.

Kiew: Lastwagen transportieren Diebesgut

Die Führung in Kiew warf Moskau vor, in den zurückkehrenden Lastwagen des Hilfskonvois Produktionsanlagen nach Russland geschmuggelt zu haben. Aus der Rüstungsfabrik Topas in der Separatistenhochburg Luhansk (Lugansk) seien Radargeräte verschwunden, sagte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat, ohne Beweise dafür vorzulegen.

Die ukrainische Regierung hatte die Befürchtung geäußert, dass mit dem Konvoi neue Waffen an die prorussischen Separatisten geliefert werden. Reporter westlicher Medien, die die Lastwagen begleiteten und zufällig ausgewählte Fahrzeuge inspizieren durften, fanden allerdings nur Hilfsgüter.

Armee beschießt Großstadt

Die Offensive der ukrainischen Armee gegen die Stellungen der Separatisten ging am Samstag weiter. In der Industriestadt Donezk war ungewöhnlich starker Beschuss zu hören. Augenzeugen berichteten von Artillerieeinschlägen in Straßen und Häuser.

Das Schachtjor-Stadion in Donezk ist bei den bewaffneten Kämpfen zwischen Regierungstruppen und pro-russischen Separatisten in der Ostukraine schwer beschädigt worden.

Von zwei heftigen Einschlägen seien am Samstagvormittag die Donbass-Arena selbst und eine nahe Elektrizitäts-Station getroffen worden, teilte der Clubchef von Schachtjor Donezk, Sergej Palkin, mit.

Poroschenko sieht "Invasion"

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte, die Einreise der Kolonne sei eine ungeheuerliche Verletzung internationalen Rechts. Geheimdienstchef Valentin Naliwaitschenko sagte: "Wir betrachten dies als eine direkte Invasion Russlands in die Ukraine." Gewalt wolle man aber nicht anwenden. Das Außenministerium erklärte, es gebe keine Genehmigung für den Hilfskonvoi. Informell sei er aber durchgelassen worden, um weitere Provokationen zu vermeiden.

"Uns kann nichts aufhalten"

Regierungschef Arseni Jazenjuk sagte, das Vorgehen Russlands zeige, dass die Regierung in Moskau den ukrainischen Kurs hin zu einer europäischen Integration nicht akzeptieren könne. Diesen werde die Ukraine aber fortsetzen. "Uns kann nichts aufhalten. Wir haben die Entscheidung getroffen."

Die EU verurteilte den Grenzübertritt, der die Souveränität der Ukraine verletze. Russland warnte im Gegenzug vor Maßnahmen gegen den Konvoi, der ausschließlich humanitären Zwecken diene.

Kritik kam auch von den USA und der Nato. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte, mit der Aktion isoliere sich Russland weiter. Er zeigte sich zudem besorgt darüber, dass die russischen Streitkräfte Bodentruppen und Luftwaffeneinheiten nahe der Grenze zusammenzögen. Die Regierung in Moskau hat am Samstag Vorwürfe der NATO wegen angeblicher russischer Kämpfer in der Ostukraine zurückgewiesen.

Rotes Kreuz zieht sich zurück

Nach russischen Angaben haben die Lastwagen Wasser, Babynahrung und ähnliche Güter geladen. Die Ukraine gab an, lediglich 34 oder 35 hätten vor der Weiterfahrt geprüft werden können. Die Regierung in Kiew hatte die Lkw mit der Begründung aufgehalten, Russland könne den Konvoi als Vorwand für eine Intervention nutzen. Am Wochenende erkannte sie den Konvoi aber prinzipiell als humanitäre Hilfe an. Das Rote Kreuz erklärte, seine 35 Mitarbeiter würden die Kolonne aus Sicherheitsgründen nicht mehr begleiten.

Wegen der Kämpfe zwischen der Armee und prorussischen Separatisten sind die Gebiete um die Rebellenhochburgen Luhansk und Donezk von der Versorgung abgeschnitten. So gibt es in Luhansk mit einstmals gut 400.000 Einwohnern seit drei Wochen kein Wasser mehr und nur noch unregelmäßig Strom. (red, APA, 23.8.2014)